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Thatsache, die allein schon wie ein Bruch des kaum geschlossenen Friedens gefühlt wnrde.
Schon standen sich hier die Religionsparteien als zwei bewaffnete Bündnisse gegenüber:
die Union, an deren Spitze sich ein Calviner, der Kurfürst von der Pfalz, Friedrich IV.,
stellte, und die Liga, welche die Katholiken unter dem Herzog Maximilian I. von Baiern
bildeten. Schon knüpfte die Union, deren Seele Christian II. von Anhalt-Bernburg,
Statthalter des Kurfürsten in der Oberpfalz, war, einerseits mit König Heinrich IV.
von Frankreich, anderseits mit den österreichischen Protestanten Verbindungen an. Zu
Wittiugau, auf dem Schlosse Peter Woks von Rosenberg, des letzten Stammhalters
dieses berühmten Geschlechtes, liefen die Fäden einer Verschwörung zusammen, die selbst
Junerösterreich in ihre Kreise zu ziehen suchte und deren Endzweck der völlige Sturz des
Hauses Habsburg und die Anftheilnng der habsbnrgifchen Reiche war. Schon drohte ein
offener Kampf zwischen den beiden Religionsparteien in Deutschland auszubrechen, als
der fast zur selbeu Zeit erfolgte Tod des Königs Heinrich IV. nnd des Kurfürsten
Friedrich IV., der in Frankreich wie in der Pfalz die Einsetzung einer vormundschaftlichen
Regierung nöthig machte, dem Kriege noch einmal vorbeugte.
Die gemeinsame Erhebung gegen die Regierung Rudolfs hatte aber auch die Stände
der österreichischen Länder selbst einander näher gebracht nnd den Gedanken angeregt, ihre
wechselseitige Verbindung ans einer blos vorübergehenden zu einer bleibenden zu machen.
Namentlich Erasmus Freiherr von Tschernembl, einer der Wortführer der protestantischen
Partei in Österreich, strebte die Umgestaltung der Monarchie zu einer föderativen
Republik mit monarchischer Spitze an, etwa so, wie sich diese Staatsform in Polen, dem
classischen Lande der Adelsföderationen, ausgebildet hatte. Und ebenso stellten die böhmischen
Stände, als sie sich Matthias unterwarfen, als eine ihrer Forderungen ein Bündniß der
sämmtlichen österreichischen Stände auf. Zwar sollte dies Büuduiß vorerst mir zum Schutze
der erworbenen religiösen und der ererbten politischen Freiheiten dienen, allein es war
voranszuseheu, daß dasselbe bald auch auf audere Fälle ausgedehnt werden würde, sobald
es den Ständen gelang, auch das zweite Ziel ihrer Bestrebungen — die Aufstellung einer
selbständigen Armee zu erreichen.
Der Gedanke dieser Föderation ist eine nmfo merkwürdigere Thatsache, als sie die
ideale Grundlage für einen Staat zu schaffen suchte, den seine eigenen Besitzer, die
Habsburgische Dynastie, noch nicht für ein unauflösbares Ganzes ansahen. Vielleicht daß
ein genialer Staatsmann sich dieser Idee Hütte bedienen können, um aus ihr höchst
bedeutende und ganz andere Folgerungen abzuleiten als jene, welche den Ständen dabei
vor Augen schwebten. Aber Cardinal Khlesel war kein Richelieu, der es verstanden hätte,
die anseinanderstrebenden Elemente zusammenzufassen und dem Staate als obersten Zwecke
dienstbar zn machen. Wohl fehlte es der Staatsleitung Khlefels an derartigen Anläufen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch