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Religionsfreiheit das Strebe» nach Schmälerung der landesfürstlichen Gewalt verbänden
und daß man bei der Schroffheit der kirchlichen Gegensätze uud dein Einflüsse der religiösen
Anschauungen auf die Gemüther der Treue der Unterthanen, die einem anderen Bekenntnisse
anhingen, nicht sicher sei.
So hat denn die Regierung Ferdinands einen doppelten Charakter, sie ist ein sort-
danernderKampf gegen die Ständegewalt, sie ist zugleich ein Kampf mit dem Protestantismus.
Mit diesem wurde der Anfang gemacht. Dabei waren es namentlich zwei Mänuer, welche
Ferdinand am eifrigsten dienten, die Bischöfe von Lavant nnd Seckan, Georg Stobaens
und Martin Brenner. Die Gegenreformation erfolgte in Jnnerösterreich in drei Stößen:
1598, 1600 und 1628. Zuerst wurden die protestantischen Geistlichen und Lehrer aus-
gewiesen, dann das Bürgerthuiu uud dieBaueruschaft resormirt. Reformationscommissivnen
durchzogen das Land, gaben überall die Kirchen den katholischen Pfarrern zurück uud
führten allenthalben den katholischen Gottesdienst wieder ein. Den Protestanten wurde die
Wahl gelassen, zum alten Glanben zurückzukehren oder auszuwandern. Viele thaten das
letztere. Vergebens verwendeten sich die Stünde für ihre Glaubensgenossen. Znletzt traf die
Reihe den Adel selbst, dem anfänglich nur der Gottesdienst untersagt ward, bis später, als
der Katholicismus auch iu deu übrigen österreichischen Ländern zum Siege gelangt war,
ihm auch die individuelle Gewissensfreiheit entzogen wurde.
Wohl sträubt sich unser Gefühl gegen die Mittel, mit denen hier in Jnnerösterreich
die religiöse Frage gelöst wurde. Auch kaun man sich, angesichts der langen Reihe von
Exulanten der Überzeugung nicht verschließen, daß damit für Deutschösterreich eine Summe
von geistigen nnd materiellen Kräften verloren gegangen ist. Aber der humane Begriff
wechselseitiger Duldung war jener harten Zeit nahezu fremd. Und so wie damals gar oft
auch protestantische Fürsten ihre Unterthanen erbarmungslos aus einer Lehrmeiuuug in
eine entgegengesetzte hinübertrieben, so wird man das gleiche Verfahren Ferdinand nicht
ausschließlich zum Vorwurfe machen dürfen, sondern auf die Rechnung einer Zeit zu setzen
haben, deren Glaubenseifer nur in der Ausrottung des Gegners Befriedigung fand. Es
war das erste Mal, daß die Ideen, welche in der spanischen Linie des Hauses Habsburg die
herrschenden waren, mm auch iu einem Fürsten der deutschen Linie zum vollen Durchbruche
kamen. Freilich mit Philipp ll. von Spanien kann man Ferdinand nicht ganz und gar auf
eine Linie stellen; dazu zeigte sich dieser in allen politischen Dingen allzusehr abhängig von
dem Gntachten seiner Räthe und von dem Gewissensrathe seiner Beichtväter. Auch unter-
schied ihn von dem finsteren Ernste seines spanischen Oheims die Heiterkeit und Leutseligkeit
seines Wesens und das Wohlwolle», das er Jedermann, auch dem Ärmsten und Geringsten
entgegenbrachte. Wohl aber glich er jeuem i» dem Einflüsse, den er den religiösen
Anschauungen auf sein ganzes Leben und Verhalten gewährte. Mit voller Aufrichtigkeit hat
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch