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von den Baiern, die Unterpfalz von den Spaniern besetzt, die Union löste sich aus und die
pfälzischen Länder gingen sammt der erledigten Kurwürde als Siegespreis an Maximilian
von Baiern über.
Ferdiuauds gutes Recht hatte gesiegt; aber wie jeder gewaltsame Wechsel im Staats-
leben schwere Folgen nach sich zieht, so war es auch hier der Fall. Die traurigen Exemtionen
auf dem Altstädterring in Prag bezeichneten das Ende der alten, den Anbruch einer neuen
Zeit für Böhmeu. Ein tiefer Riß ging fortan durch die Geschichte dieses Landes wie durch
deu Majestätsbrief Rudolfs, deu Kaiser Ferdinand eigenhändig zerschnitt. Zugleich stehen
wir am Abschlüsse jener kirchlichen Bewegung, welche durch zwei Jahrhunderte mit
vulkanischer Kraft den Boden Böhmens erschüttert hatte und nunmehr mit ihren«
Symbol, dem großen Kelche an der Teinkirche, ihre letzte Hoffnung sinken sah. Denn die
ständische Revolution hatte auch die kirchliche Opposition in ihre Wirbel hereingezogen,
in denen nun beide untergingen. Mit dem Principe der Legitimität siegte zugleich das
katholische Princip, wie sich dasselbe im Orden der Jesuiten concentrirte. Auf der innigen
Durchdringung beider beruhte die nächste Zukunft nicht nur Böhmens, sondern der ganzen
Habsburgischen Monarchie, indem sie die Forderung willenlosen Gehorsams und unbedingter
Unterordnung auch auf das Staatsleben übertrug. Diese neue absolutistische Entwicklung
kündete sich zuerst iu Böhmen an, wo man mit der Verfolgung der utraquistifchen Geistlichkeit
begann, diese sodann auch auf die lutherischen Pastoren übertrug und endlich auf die
Protestanten im Lande überhaupt ausdehnte. Und so wie die Reformationscommissionen
und die sie begleitenden Liechtensteinschen Dragoner jeden Widerstand in religiösen Dingen
gewaltsam niederwarfen, so begegnete auch die auf dem Rechte der Eroberung fußende
„erneuerte Landesordnung" von 1627, welche vor Allem das ständische Wahlrecht in seinen
letzten Spuren beseitigte und die ausschließliche Geltung der katholischen Kirche proclamirte,
keinem Widerspruch. Es gab keine Opposition in Böhmen mehr. Der alte Adel, soweit er
der protestantischen Lehre anhing, war ausgewandert, seine Güter waren eonfiscirt. Durch
einen Besitzwechsel, wie er nur im Gefolge großer Revolutionen einzutreten Pflegt, gingen
die Güter jenes früheren Adels an eingewanderte Geschlechter über, von denen man hoffte,
daß sie ihr Interesse an die neue Ordnung der Dinge knüpfen würde.
Was von Böhmen gilt, das war auch in Mähren der Fall. Es trat ein, was einst
Zervtin der Partei des Umsturzes warnend zugerufen hatte: „sie wollte zu viel, um Alles
zu verlieren". Wie die böhmische, wurde auch die mährische Landesordnung revidirt, wie
dort, so auch hier — nach dem Gutachten des Cardinals Dietrichstein — die Gegen-
reformation durchgeführt, namentlich gegen die Wiedertäufer, welche sich nach Ungarn
wendeten, wo man die gewerbfleißigen Ankömmlinge gerne aufnahm. Selbst in Schlesien
vermochte der Kurfürst vou Sachsen den bei der Eroberung des Landes den Unterthanen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch