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Im Gegensatz zu Ungarn wurde die westliche Hälfte der heutigen Monarchie
absolutistisch regiert. Maria Theresia bezeichnet Leopold l. als denjenigen ihrer Vorfahren,
„so über seine landesfürstliche Autorität Hand hielt und solche gegen Jedermann zu
maintenireu gedachte". Die Macht der Stände war gebrochen. Zwar übten dieselben noch
immer einen großen Einfluß auf die Vertheilung und Einhebung der Steuern und somit
auf die Verwaltung der betreffenden Länder aus, aber ihre politische Bedeutung war
dahin, Niemand dachte daran, sie zu neuem Leben zu erwecken oder gar, wie in früherer
Zeit, einer parlamentarischen Vertretung Gesammtösterreichs zu Grunde zu legen. Im
absolutistischen Staate nahmen die Stelle ständischer Parteikämpfe die oft nicht minder
verderblichen Kabalen der Parteien bei Hofe ein. Doch hatte die tiefe allgemeine
Erschöpfung auch die regierenden Kreise ergriffen. Wie wenig aber anch unter solchen
Verhältnissen die Regierung sich zn selbstbewußtem Eingreifen eignen mochte, so übte doch
ihre Form, der Absolutismus, uuwillkürlich einen nivellirenden Einflnß auf die ihr unter-
gebenen Länder aus, während sie hierdurch zugleich den Gegensatz zu den Ländern der
ungarischen Krone mit ihrer althergebrachten Verfassung verschärfte und der künftigen
dualistischen Ausgestaltung der Gesammtmonarchie Vorschub leistete.
Doch gab es auch jetzt einen Kreis gemeinsamer Angelegenheiten, für deren
Behandlung die einst von Ferdinand I. geschaffenen Centralbehörden fortbestanden und
sogar eine erhöhte Bedeutung erlangten. Nur der geheime Rath wurde wesentlich
umgestaltet, da sich derselbe bei der stetig zunehmenden Zahl seiner Mitglieder zu einem
berathenden Colleginm nicht mehr eignete. Der Kaiser bildete aus de» geheimen Räthen
Commissionen oder er berief in einzelnen besonders wichtigen Fällen die vornehmsten
derselben, die in der Regel auch sonstige Würden bekleideten, zu einer „geheimen Eonserenz",
woraus sich nach und nach eine ständige Institution, eine Art Ministerrath (seit 1709 die
sogenannte „enge Conferenz") entwickelte. Doch hatte diese Einrichtung etwas Unfertiges
an sich, da die Zahl der Conferenzminister keine abgeschlossene war und es noch keine nach
Geschäften geschiedene Ministerien gab, wie gleichzeitig etwa am französischen Hofe. Und
ebenso mangelte es jenen Commissionen an einer bestimmten Richtschnur ihrer Thätigkeit,
da die Mitglieder oft wechselten und selbst mit einander nicht verkehrten, sondern ihren
Einigungspunkt in dem Kaiser fanden, der seinerseits fast nie das Gutachten seiner Räthe
verwarf. Ein Alles durchdringender Einfluß auch nur auf dem Gebiete der auswärtigen
Politik stand nicht einmal dem Principalminister, das ist dem ersten der geheimen Räthe zn.
Zu den gemeinsamen Einrichtungen gehörte anch das Heerwesen mit seinem obersten
Verwaltnngsorgan, dem Hofkriegsrathe. In die Zeit Leopolds fällt der Übergang von
der früheren Kriegsweise zur stehenden Armee. Schon die Armee Wallensteins ist nie wieder
ganz aufgelöst worden. Die Regierung Leopolds hat diese Waffenmacht verdoppelt und
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch