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eingezogen und hatte sodann mit standhafter Ausdauer die Leiden der Belagerung dieser
Stadt getheilt. Wiederholt gelang es zuerst den Portugiesen, später, nach eiueiu glänzenden
Siege bei Saragossa, den? tapferen Grafen Guido von Starhcinberg (dem Neffen Rüdigers)
und Karl selbst nach Madrid vorzudringen. Während aber die Aragonesen und Catalouier
Karl mit Freudeu als König anerkannten, war in Castilien die Stimmung gegen ihn eine
feindliche nnd beidemale mußte die Hauptstadt Spaniens wieder verlassen werden. Dennoch
riß sich Karl nur schwer von dem Lande seiner Jugend los und auch nachdem er längst
auf Spanien hatte verzichten müssen, hegte er eine Vorliebe für dieses Land, die sich in der
Begünstigung der Spanier, die ihr Los an das seinige geknüpft hatten nnd ihm nach
Wien gefolgt waren, aussprach. Vou fremden Räthen beeinflußt uud von fremdartigen
Erinnernngen durchdrungen, lebte sich Karl erst allmälig in die heimischen Verhältnisse
ein. Vou männlicher Schönheit und Kraft, voll Bewußtsein seiner Hoheit, zeigte er doch in
vertraulichem Verkehr ein sehr gewinnendes Wesen. Seinem Vater, dessen Liebling er war,
in viele» Dingen ähnlich, zeigte er dieselbe Unentschlossenheit, aber mich dieselbe Zähigkeit
in dem Festhalten an seinen Plänen, denselben rechtlichen Sinn, der an dem einmal
gegebenen Worte festhielt und darum das Gleiche von Anderen erwartete. Auch theilte er
die Abneigung gegen den an allen anderen Höfen jener Zeit herrschenden französischen
Geschmack mit Leopold I., von welchem ihn hingegen die Neigung zu heiterem Genusse
unterschied, die das gesellige Leben seiner Residenz, der „Favorita", freundlicher nnd prunk-
voller gestaltete. Seine Prachtliebe und ungewöhnliche Bildung kamen der Kunst und
Wissenschaft zustatten, in denen sich der Einfluß der ueuerworbeueu italienische» Provinzen
geltend machte.
Karl VI. konnte die Erblande beruhigt überuehmeu. Denn schon vor seiner Ankunft
iu Österreich war endlich die Paeification Ungarns dnrch den Szatmarer Frieden zustande
gekommen. Die meisten Kurntzen nahmen die dargebotene Amnestie an, Räköezy ging nach
Frankreich, später zu deu Türken. Da waren es ein neuer Türkeukrieg uud die Umtriebe
des Cardiuals Alberoni, welche den Aufstand nochmals zu entzünden drohten.
Um sich nämlich für die im Karlowitzer Frieden erlittenen Verluste schadlos zu
halteu, griff die Pforte die Republik Venedig, einen der Miteontrahenten jenes Friedens,
an. Die Parteinahme des Kaisers für die Republik verwickelte ihu selbst in den Krieg.
Aber die Türken hatten sich getäuscht, wenn sie auf eine neue Erhebung der Ungarn
rechneten. Räköezys Name übte anf seine Landslente nicht mehr den alten Zauber aus.
Hingegen saud Eugen von Savoyen Gelegenheit, seine kriegerische Lansbahn auf demselben
Schanplatze, auf welchem er sie ruhmvoll begonnen hatte, ruhmvoll zu beschließen. Die
Schlachten bei Peterwardein und Belgrad fügten zwei neue uuverwelkliche Blätter zu dem
Siegeskranze des „edleu Ritters", dessen Namen fortan das schöne Volkslied von Mund zu
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Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch