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Wahlkrone verschaffte. Doch gerieth er hierüber in einen unglücklichen Krieg mit Frankreich,
dem sich Spanien und Sardinien angeschlossen hatten. Zuletzt erkaufte er die Zustimmung
dieser drei Mächte zur pragmatischen Sanction dadurch, daß er im Wiener Frieden (1738)
ein Stück von Mailand an Sardinien, Neapel und Sicilien gegen Parma und Piacenza
an den spanischen Infanten Don Carlos abtrat nnd seinen künftigen Schwiegersohn, den
Herzog Franz Stefan von Lothringen, zur Abtretung seines Landes gegen Toscana an
Stanislaus Leszczyuski bewog, nach dessen Tode Lothringen an Frankreich fallen sollte.
Die Garantie der pragmatischen Sanction von Seiten Rußlands verwickelte Karl
an seinem Lebensabend in einen unglücklichen Krieg mit den Türken. Denn er hatte, um
jene zu erlangen, mit Rußland einen Vertrag geschlossen, wonach er dieser Macht Hilfe
zu leisten versprach, falls sie von den Türken angegriffen werden würde. Als letzteres geschah,
erklärte auch der Kaiser an die Pforte den Krieg, in der Hoffnung, durch Eroberungen in
der Türkei den Verlust von Neapel und Sicilien auszugleichen. Doch entsprach der Verlauf
des Krieges den gehegten Erwartungen nicht. Die Finanzen Österreichs waren durch den
polnischen Thronfolgekrieg erschöpft und auf deu damaligen kaiserlichen Generalen ruhte
nicht der Geist des kürzlich verstorbenen Eugen von Savoyen. So kam es, daß der Kaiser
im Belgrader Frieden fast Alles, was er in dem glorreichen Paffarowitzer Frieden gewonnen
hatte (darunter Belgrad), einbüßte.
So schwer indessen auch dem Kaiser die Opfer fallen mochten, die er der, man darf
sagen, größten und dauerndsten Anordnung seines Lebens brachte, so schienen dieselben doch
nicht allzu groß, wenn sich durch sie der ruhige Übergang der österreichischen Gesammt-
mouarchie auf seine älteste, herrliche Tochter Maria Theresia erzielen ließ. In der That
glaubte der Kaiser dies Ziel erreicht zu haben, als er am 20. October 1740 in dem Lust-
schlosse Favorit« auf der Wieden (jetzt Theresianum) als der letzte männliche Sprößling
seines ahnen- und thatenreichen Hauses verschied. Denn die pragmatische Sanction war
von allen großen europäischen Mächten anerkannt. Es zeigte sich freilich bald, daß der
Kaiser vielleicht besser gethan haben würde, nach Eugens angeblichem Rathe ein tüchtiges
Heer und einen wohlgefüllten Schatz statt jener mit so vielen Opfern erkauften Garantien
seiner Tochter zu hinterlassen. Aber obgleich die Mächte sich nach Karls Tode wenig um
die ihm gegebene Zusage kümmerten, läßt sich doch nicht verkennen, daß die allseitige rechts-
kräftige Anerkennung der pragmatischen Sanction Maria Theresia in ihrer Bedrängniß
gar sehr zustatten kam. Nicht nur die Erblande hatten sich durch eiueu Zeitraum von
zwanzig Jahren daran gewöhnt, dieses Gesetz als Grundlage ihres öffentlichen Rechts-
zustandes zu betrachten. Auch uach außen hin war es die erfolgte Anerkennung dieses
Gesetzes, welche Maria Theresia zugleich mit der inneren Überzeugung von ihrem guten
Rechte auch jene Kraft verlieh, an der zuletzt alle Angriffe ihrer Gegner scheiterten.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch