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genau abgegrenzt, Tie sogenannte llrbarialresorm und das Robotpatent (1775) regelten
das Verhältniß der — hier und da noch leibeigenen — Banern zu ihren Gruudherren in
der Absicht, das Los der ländlichen Bevölkerung meuscheuwürdiger zu gestalten nud sie
für den Staat leistungsfähiger zu machen.
Da die neuen Steuern eine gewichtige Mehrbelastung der Länder zur Folge hatte»,
war Maria Theresia zugleich eifrig daranf bedacht, ihren Uuterthaueu neue Quellen des
Wohlstandes zu erschließen. Eiue Belebung des Handels und des Gewerbefleißes schien
umso dringender geboten, als mit dem Verluste der blühendsten Provinz des Reiches,
Schlesien, die Gefahr verbunden war, in merkantiler Hinsicht von dem Auslande,
namentlich von Preußen abhängig zu werden. Daher rief Maria Theresia 1746 eine neue
Centralbehörde in Handelssachen, das „Universal-Commerzdirectorinm" ins Leben, an
dessen Spitze der Präsident der Hofkammer Graf Rudolf vou Chotek trat und das 1762
in einen „Hofkommerzieurath" umgewandelt wurde. Mit dem böhmisch-mährischen Zoll-
tarife von 1753 wurde zugleich bereits der Weg des Prohibitivsystems betreten.
Bisher hatten in den verschiedenen Provinzen sehr verschiedene Gesetze gegolten.
Maria Theresia hingegen ordnete die Abfassung neuer Gesetzbücher an, welche allgemein
gelten sollten und die auch das harte Strafrecht der früheren Zeit bereits vielfach milderten.
Das Verbrechen der Zauberei, Hexerei uud Wahrsagerei wurde aufgehoben, die Tortur
abgeschafft.
Es läßt sich nicht leugnen, daß einige dieser neuen Einrichtungen preußischen Mustern
nachgebildet worden sind. Maria Theresia war eben trotz ihrer tief eingewurzelten
Abneigung gegen den Preußeuköuig unbefangen genug, um sich die von ihm getroffenen
Einrichtungen anzueignen, sobald sie dieselben für zweckmäßig hielt. Aber indem die
österreichische Regierung Prenßen nachahmte, copirte sie es nicht. Was man von dort
entlehnte, wurde in durchaus freier Aneignung den besonderen Verhältnissen der
österreichischen Länder angepaßt nnd hat sodann seinerseits auch anderen Staaten zum
Vorbild gedient.
Das gesteigerte Staatsbewußtsein mußte vor Allem aus die Ilmgestaltung des Ver-
hältnisses der weltlichen Macht znr Kirche Einflnß uehmeu. Maria Theresia sympathisirte
zwar gerade in diesem Punkte mit dem Geiste nnd dem Zwecke der neuen Richtung nicht.
Allein zwei Saiten hatte die letztere anzuschlagen, welche bei Maria Theresia williges
Gehör fauden — den Grundsatz der Hoheit der Staatsgewalt uud die Parole des Fort-
schrittes. Daher erging eine Reihe von Verordnungen, durch welche die exempte Stellung
des Clerus ganz oder theilweise ausgehoben, seine Steuerfreiheit beseitigt, die Competeuz
der geistlichen Gerichtsbarkeit beschränkt, die Administration des Kirchenvermögens über-
wacht wurde.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch