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die Einwendungen des berühmten Pnblicisten Beachtung verdiente», so ließ dvch die
Wirklichkeit kanin eine andere Wahl, als dem Empire Napoleons I. ein gleichwertiges
Kaiserthum Österreich entgegenzusetzen, und weit entfernt, in den Spott Gentz's über
diesen „politischen Solöcismns" einzustimmen, wird man es vielmehr als bemerkenswerth
bezeichnen dürfen, daß nach dem Vorbilde seines Ahnherrn Friedrich III., dem er anch iu
manchen anderen Dingen glich, Franz II. mitten in trüber Gegenwart den Glauben an eine
bessere Zukunft festhielt und durch die Annahme des Titels eines Kaisers von Österreich
den festen Willen zu erkennen gab, auch über den zu gewärtigenden Untergang des deutsche»
Kaiserthums hinaus die alte Hoheit und Würde seines Hauses zu wahren. Anch sonst war
dieser prunklose Act (10. August 1804) von hoher Bedeutung: der längst vorhandene
Staat erhielt hier seine erste offieielle Benennung. Durch ein Patent vom folgenden Tage
wurde dieser Staatsact, der in einer Versammlung von Ministern und hohen Würden-
träger« stattgefunden hatte, deu Unterthanen bekannt gegeben mit Hinznfügnng der aus-
drücklichen Erklärung, daß dadurch an den bisherigen Titeln, Verfassungen, Vorrechte»
nnd Verhältnissen der einzelnen Königreiche und Länder nichts geändert werden solle.
Namentlich wurde dies bezüglich Ungarns nachdrücklich betont, wo denn auch iufolge deffeu
die neue Titulatur keinem Widerspruche begegnete.
So standen sich nun zwei neue Kaiserreiche gegenüber, das an der Seine und das an
der Donau, zwischen denen es trotz der erfolgten wechselseitigen Anerkennung der ganzen
Natur der Dinge nach bald zum Bruche kommen mnßte. Denn die Berechnung, durch volle
Nachgiebigkeit Napoleons Vertrauen zu erwecken, erwies sich als gründlich falsch. Napoleon
sah vielmehr in Österreich einen Gegner, der nur auf der Lauer lag, und mit Bestimmtheit
nahm er an, daß sich der Donaustaat in die Reihe seiner Feinde stellen würde, wenn von
irgend einer Seite das Losungswort zum Kampfe gegeben werden sollte. Und das war auch
wirklich der Fall. Wohl rangen in Wien die entgegenstehende» Ansichten lange miteinander.
Allein nnr zu bald mußte man sich überzeugen, daß man nicht mehr Herr der eigene»
freien Entschließung sei, und die angelegentlich angestrebte Freundschaft des russischen
Kaisers Alexander I. nur durch ein Heraustreten aus jener Neutralität, die man bei dem
Ausbruche des russisch-französischen Conflictes ängstlich festzuhalten gesucht hatte, werde
erkaufeu köunen. Die geheime „Declaration" vom 6. November 1804, ein Schutz- und
Trntzbündniß, welches Österreich und Rußland gegen einen directen Angriff Napoleons
sichern sollte, war der erste Schritt zum Eintritte Österreichs in die große Eoalition des
Jahres 1805, deren Abschluß die Vorgänge in Italien, wo sich Napoleon selbst zum
König krönte, und das Drängen Rußlands beschleunigten. Am 9. August 1805 wurden
iu St. Petersburg die Urkunden zwischen den russischen, englischen und österreichischen
Gesandten ausgewechselt, welche den Beitritt Österreichs zu dem englisch-russischen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch