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vereinigt wurde. Der vielgeprüfte Kaiserstaat, der aufs ueue seine unverwüstliche Lebens-
kraft bewiesen hatte, ging verjüngt aus allen Stürmen hervor und der Kaiser nahm wieder
den ihm gebührenden Platz im Rathe der europäischen Fürsten ein.
Nur die römisch-deutsche Kaiserwürde lebte nicht wieder auf. Wohl war Metternich
für die einstige Weltstellung der Habsburger als Träger der römischen Kaiserkrone nicht
unempfänglich; auch wurde auf dem Cougresse die Idee der Wiederherstellung des Kaiser-
thums von den deutschen Kleinstaaten angeregt. Aber der Wiederannahme der Kaiserwürde
durch Österreich und dem weitverbreiteten Wunsche nach einem geeinten und mächtigen
Reiche standen der scharf ausgeprägte Dualismus der beiden deutschen und die Eifersucht
der fremden Großmächte entgegen. Durch seine neue Abgrenzung war überdies der Schwer-
punkt Österreichs außerhalb Deutschlands gegen Osten und Süden gerückt, ja es tauchte
schon damals das seither oft wiederholte Schlagwort auf, daß derselbe nach Ofen zu verlegen
sei, während Preußen infolge seiner neuen Ausbreitung im Westen in das einst stiftische
Deutschland, jenes feste Bollwerk der alten Kaisermacht, hineinwuchs. Die Machtsphäre
Deutschlands aber etwa nach den Plänen des Freiherrn von Stein durch die Mainlinie
zwischen Österreich und Preußen zu theilen, kam Metternich nicht in den Sinn. Wie hoch
er auch die Erhaltung Preußens für das Gleichgewicht Europas und für das Interesse des
eigenen Staates anschlug und wie entschieden er auch deßhalb den auf die Zertrümmerung
jener Macht gerichteten Antrag Napoleons abgelehnt hatte, so war er doch bei Zeiten
darauf bedacht, im Einverständnisse mit Rußland seinem Kaiser auch fernerhin die Vor-
herrschaft in Deutschland zu sichern, wobei er sich zuletzt, da man den Rheinbundskönigen
von Baiern und Württemberg, um dieselben von Frankreich abzuziehen, die von Napoleon
verliehene Souveräuetät hatte zusichern müssen, in der Bundesacte mit der Errichtung eines
Staatenbundes begnügte, der den einzelnen Giedern ihre Sonveränetät beließ, dem mit
einem Theile seines Gebietes in den Rahmen der Bundesverfassung eingefügten Österreich
den Vorsitz in der Bundesversammlung und damit einen großen Einfluß gewährte, zugleich
aber die Ausbildung eines selbständigen größeren Staatswesens in Deutschland hintanhielt
nnd die definitive Lösung der deutschen Frage in eine fernere Zukunft hinausschob.
So wie in Deutschland war auch in Italien Metternichs Streben darauf gerichtet,
die Erbschaft der ins Grab gesunkenen römischen Kaisermacht für Österreich in Anspruch
zu nehmen, und so wie dort suchte er dies Ziel auch hier aus föderativem Wege, durch die
Errichtung eines Bundes der wiederhergestellten Kleinstaaten zu erreichen, dessen führende
Macht Österreich und dessen Basis jener unmittelbare' österreichische Besitz im Norden
der Halbinsel bilden sollte, den er auf dem Wiener Congresse, freilich vergeblich, durch die
Legationen auf Kosten des Kirchenstaates nnd jenseits des Ticino auf Kosten Sardiniens
zu erweitern bemüht gewesen war.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil, Volume 3
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Geschichtlicher Teil
- Volume
- 3
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1887
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.64 x 22.39 cm
- Pages
- 278
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch