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Chronologisches Verzeichnis
Zuletzt fordert Luise, dass der Teufel den Vertrag zwischen ihnen lösen möge. Es
sei „aus“ zwischen ihnen, und sie wolle ein „Kind“ (Bl. 7). Auf diese Äußerung re-
pliziert der Teufel: „Ein Kind?! Ja schämst Du Dich denn garnicht?! Als Fräulein ein
Kind?!“ (ebd.) Luise meint aber, der Teufel solle sich nicht entrüsten, nur weil er
nicht Vater werden könne (vgl. Bl. 8). Er entgegnet ihr: „Ich kann keine Kinder fa-
brizieren, denn ich bin ein Prinzip! Ich kann es soweit bringen, dass Du einen Roman
schreibst, einen sehr erfolgreichen Roman –“, was Luise aber mit den Worten quit-
tiert: „Ich verzichte auf jeden Roman! Ich möcht ein Kind!“ (ebd.) Zuletzt äußert sie
noch Folgendes: „Ich möcht das kleine Glück“ (ebd.), was dem Teufel als besonders
lächerlich erscheint. Er will sie an ihren „Erfolg“ und ihre „Triumphe“ (ebd.) erin-
nern, aber sie will davon nichts mehr hören, so die Fortsetzung der Stelle im Stamm-
buch.
Mit einem Verweis auf „(Seite 62)“ stellt Horváth den Anschluss an das Stamm-
buch wieder her. Dort ist die Passage bis „…vergessen kann!“ anzuschließen, wie der
Verweis auf Bl. 8 erkennen lässt. Darauf folgt in TS5 eine Passage, in der Luise dem
Teufel androht, dass sie ihn „betrügen“ wolle, dass sie ihm „Hörner auf[setzen]“
möchte und dass sie den Vertrag „zerreisse[n]“ (ebd.) werde. Der Teufel kommentiert
dies mit den Worten: „Das wär aber nicht anständig zu mir“, worauf Luise jedoch
kontert: „Kann man zu Dir überhaupt anständig sein?!“ (ebd.) Des Teufels „Leider
nein“ beschließt die Fassung TS5. Auf diese folgt wohl, ohne dass Horváth dies ver-
merkt hätte, S. 63 des Stammbuchs. Darauf deutet auch eine kleine Notiz hin, die
Horváth an den Rand von Bl. 8 setzt. Zu „S. 63“ notiert er hier: „(er zerreisst den Ver-
trag) Jetzt soll sie mit ihrem freien Willen fertig werden!“ (Bl. 8). An diese Sequenz
schließt wohl intentional die Passage auf S. 63f. des Stammbuchs, wo die Wirkung
des zerrissenen Vertrags auf der Bühne sofort sichtbar wird, indem Luise ihre Stimme
verliert und von der Bühne abtritt.
Markierungen mit blauem Buntstift auf S.60 und mit Bleistift auf S.62 und 63 des
Stammbuchs kennzeichnen mit einiger Sicherheit die Stellen im Text, in denen die
entsprechenden Passagen im Rahmen der Uraufführung tatsächlich eingefügt wur-
den.
H6 = ÖLA 3/W 57– BS 42a [3], Bl. 4v
1 Blatt unliniertes Papier (343 × 214 mm), Wasserzeichen „Drei Sterne“, schwarzblaue Tinte
TS6 = fragm. Fassung einer Szene (Grundschicht)
Materiell entspricht das vorliegende Blatt den vorhergehenden (vgl. den Kommentar
zu TS1 und TS2). In TS6, auf der Rückseite des ersten Blattes von TS5, arbeitet Horváth
neuerlich einen Dialog zwischen dem Teufel und Luise aus, der, wie schon in TS4 und
TS5, um die Frage der „wahre[n] Liebe“ kreist. Auch in TS6 behauptet der Teufel, dass
er die „wahre Liebe“ Luises sei und dass es sich bei der wahren Liebe um „seelische
Liebe“ handle, „losgelöst von allem Körperlichen“. Damit geht Horváth über die Aus-
arbeitungen zur „wahren Liebe“ von TS4 und TS5 hinaus. Es ist daher anzunehmen,
dass TS6 später entstanden ist. Auch TS6 dürfte als Erweiterung zum bereits vorlie-
genden Stammbuch K1/D1 gefertigt worden sein bzw., in diesem speziellen Fall, wohl
als Ergänzung zu den bereits vorliegenden Erweiterungen von TS4 bzw. TS5.
Wiener Ausgabe sämtlicher Werke
Historisch-kritische Edition, Volume 1
- Title
- Wiener Ausgabe sämtlicher Werke
- Subtitle
- Historisch-kritische Edition
- Volume
- 1
- Author
- Ödön von Horváth
- Editor
- Klaus Kastberger
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-058470-7
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 338
- Categories
- Weiteres Belletristik