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An Stelle des Feldmarschalleutnants von Wattek trat dann General
von Schilhawsky, eine wuchtige Soldatennatur mit viel natürlichem
Verstand, ein bedeutender Kenner der taktischen Detailausbildung.
Ich lernte in dieserRichtung viel von ihm, was mirum so nützlicher
war, als die Zeit heranrückte, da ich nach siebzehnjähriger Trennung
zur Truppe zurückkehren sollte.
Das System, auch als Unterabteilungskommandant ein bis zwei
Jahre im Generalstabe Dienste zu tun, war.damals noch nicht in
Übung. Für einen Generalstabsoffizier, der sich die Eignung für
hohe Kommandoposten oder andere höhere militärische Stellen er-
werben will, ist jedoch der wiederholte nahe Kontakt mit der Truppe
unerläßlich. Die natürliche Veranlagung, besonders für taktische
Details, wird da wohl immer ausschlaggebend wirken. So erklärt es
sich, daß mitunter Neulinge, die früher wenig oder nichts mit der
Truppenführung zu tun gehabt, sich nach kurzer Zeit als geschickte,
energische Führer entpuppen, dagegen andere, die sich ihr Leben
lang damit befaßt haben, es über eine gewisse Mittelmäßigkeit nicht
hinausbringen. Der Grundsatz wird aber stets gelten, daß nur der-
jenige es versteht, Offiziere zu leiten und auf deren Geist zu wirken,
derim regenund häufigen Kontaktmitihnen steht. Es war ein großer
Nachteil und läßt so viele ernste Mißgriffe verstehen, daß bei uns so
häufig Persönlichkeiten an maßgebendste Stellen gesetzt wurden, die
ihre Dienstzeit fast ausschließlich im Büro, am Schreibtisch oder im
Adjutantenzimmer verbracht hatten.
Im Spätherbst erfolgte meine Einteümig zum Infanterieregiment
Baron Ramberg Nr. 96 (Karlstadt). Dieses Regiment zählte, wie
alle kroatischen Regimenter, zu den kriegstüchtigsten und dem Äu-
ßeren nach auch zu den stattlichsten der Armee. Ausschließlich aus
den Distrikten stammend, die einst zur Banal-Militärgrenze gehört
hatten, waren alle Traditionen und Gepflogenheiten der Bewohner
und der kulturellen Verhältnisse noch deutlich erhalten. Charakte-
ristisch dafür ist, daß z. B. bei der weiblichenLandbevölkermig als be-
sondere Zier ihrer farbenfreudigen Tracht das schwarzgelbe Seiden-
band der Offiziersfeldbinden als Gürtel getragen wurde.
Karlstadt war als einstiger Sitz eines Grenzgeneralates ganz im
Festungs- und Kasernenstil erbaut. Es gab ein Grenzgeneralats-,
ein Grenzdivisionärs-, ein Grenzbrigadiers- und ein Grenzobersten-
gebäude. Die Wohnungen darin genau nach dem Schema. Statt
Zimmer— kleine Säle. Umfangreiche Stallungen. Die Billigkeit der
I^ebensführung war exemplarisch. So kostete beispielsweise ein Kilo
besten Rindsbratens 80Heller, desgleichen ein PaarHühner. EinLiter
Wein 20 bis 30Heller. Trotzdem wetterten die Eingeborenen über die
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Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Title
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Subtitle
- Eine Lebensschilderung
- Author
- Auffenberg von Komarów
- Publisher
- Drei Masken Verlag München
- Location
- München
- Date
- 1921
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.4 x 21.6 cm
- Pages
- 536
- Categories
- Geschichte Nach 1918