Page - 134 - in Aus Österreichs Höhe und Niedergang - Eine Lebensschilderung
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massen nicht allzuviel Raum gegeben wurde. Wie sich's später zeigte,
wäre diese Vorsicht gar nicht notwendig gewesen. Anderseits war
die Verantwortung eben eine außerordentlich große. Unter Kanonen-
donner bezog der Monarch das Hoflager im Konak, und am Abend
erstrahlte die ganze Stadt in einer herrlichen Illumination mit Höhen-
feuern und Feuerwerk,
Tags darauf fand die große Parade statt, die erste und einzige,
die ein Monarch aus Habsburgs Stamme in Sarajewo abhielt. Sie
verlief bei schönstem Wetter auf das glänzendste. Der feierliche
Moment wurde noch unterstrichen, gewissermaßen in die Lande ge-
tragen durch Geschützsalven, die man von allen umliegenden Höhen-
forts löste. Die breiten Fronten der weit über friedensstarken Kom-
panien, zum erstenmal in der neu eingeführten Felduniform aus-
gerückt, die feldmäßig bepackten Gebirgsbatterien, namentlich die
Gebirgshaubitzen, die einen besonders kriegerischen Anblick gewähr-
ten, die Ulaneneskadronen, die zur Hälfte auf normalen, zur Hälfte
auf Gebirgspferden im Galopp vorbeipreschten, gaben ein packendes
müitärisches Büd. Der Kaiser spendete reiches Lob. Dagegen wählte
Generaladjutant Baron Bolfras weit kühlere Ausdrücke in dem von
ihm verfaßten Allerhöchsten Befehl, i)
Am letzten Tag unternahm der Monarch eine Fahrt zu einem der
hochgelegenen Forts, von dem man einen herrlichen Rundblick ge-
noß. Bei der Rückfahrt spielte sich eine charakteristische nette Szene
ab. Als der Kaiser an einem türkischen Gehöft vorbeikam, dessen
Insassenzum Empfang gestellt waren, ließen die Frauen einen Augen-
blick lang den Gesichtsschleier fallen, um dem obersten Landesherrn
ihre Reverenz zu bezeugen. Der Kaiser schien darüber sichtlich er-
freut und hieß den türkischen Damen Geschenke überreichen.
Am Nachmittag huldigten die Offizierskinder dem Kaiser. Diese
Ehrung hatte meine Tochter, damals ein Backfisch, arrangiert, und
sie sprach auch die wohlgesetzte Anrede, ohne im geringsten aus der
Ruhe zu kommen, während meiner Frau und mir das Herz klopfte.
Vor der Abreise versicherte mich der Monarch nochmals seinerZu-
friedenheit.
1) Wie schon oft erwähnt, nahm der Zufall in meinem Leben eine gewaltige
Rolle ein, spielte mir aber hier einen bösen Streich. In meiner langen Dienst-
zeit wohl viele hundert Male Abteilungen, Truppen und Heereskörper vor-
führend und dabei auf den Salut stets eine peinliche Sorgfalt verwendend,
passierte mir just bei dieser einen besonderen Gelegenheit dasMalheur, daßder
Säbel, als ich ihn senkte, meiner Hand entglitt und zu Boden fiel. Blitzartig
sprang der nächstreitende Offizier vom Pferd und reichte mir den Säbel. Der
Zwischenfall wurde von wenigen bemerkt, immerhin war es mir, als hörte ich
den Teufel kichern ob seiner gelungenen Perfidie.
Aus Österreichs Höhe und Niedergang
Eine Lebensschilderung
- Title
- Aus Österreichs Höhe und Niedergang
- Subtitle
- Eine Lebensschilderung
- Author
- Auffenberg von Komarów
- Publisher
- Drei Masken Verlag München
- Location
- München
- Date
- 1921
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.4 x 21.6 cm
- Pages
- 536
- Categories
- Geschichte Nach 1918