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18 Karel Hruza
In Österreich blieb dieses Wirkungsmonopol des Wiener IÖG noch das gesamte 20. Jahr-
hundert hindurch bestehen. Es verwundert von daher nicht, dass unter den 47 porträ-
tierten Personen 31 einen IÖG-Lehrgang besucht haben. Das Institut ist bereits dreimal
zum Objekt mehr oder weniger wissenschaftlicher Monografien geworden. Leider genügt
die zuletzt erschienene umfängliche Studie von Ernst Zehetbauer weder methodisch noch
konzeptionell modernen wissenschaftlichen Ansprüchen14, was ebenso für die sich auf
den Zeitraum 1929–1945 beschränkende Arbeit Manfred Stoys von 2007 Geltung hat15 ;
unverzichtbar bleibt von daher in vielen Bereichen das zur 100-Jahr-Feier des IÖG 1954
veröffentlichte sachlich-souveräne Meisterstück Alphons Lhotskys16. Die Deutungshoheit
über die Geschichte des IÖG vor allem im 20. Jahrhundert scheint umstritten : Während
Stoys Werk von Apologien für das Wirken der Institutsmitglieder während der 1930er-
und 1940er-Jahre durchzogen ist, wollte Zehetbauer seine Arbeit auch für einen privaten
Rachefeldzug gegen das IÖG nutzen und Gravamina aufdecken. Am IÖG selbst wird
weniger kritische Rückschau gehalten, sondern es werden Memorialveranstaltungen für
Mediävisten abgehalten, welche die österreichische Mittelalterforschung wesentlich be-
einflusst haben (Heinrich Appelt, Heinrich Fichtenau, Maximilian Weltin). Freilich war
es Fichtenau, der 1992 verlautbaren ließ : „Gelehrtengeschichte verträgt keine allzu nahe
Distanz“17, als es darum ging, über einen 1940 (!) verstorbenen Historiker zu handeln.
Die Summe der in den drei Bänden vorgestellten Biografien unterstreicht wie gehabt
das wissenschaftliche Gewicht des IÖG innerhalb der Geschichtswissenschaft im deutsch-
sprachigen Raum, erlaubt aber en passant auch andere Einsichten. So wird beispielsweise
erkennbar, dass das IÖG (seit Mitte der 1920er-Jahre ?) durchaus zu einem Sammelort
und Anlaufpunkt, letztlich auch Netzwerk für völkisch orientierte Historiker wurde. So-
weit ersichtlich, wurde diese Entwicklung vom Direktor Hans Hirsch eher gefördert denn
14 Ernst ZehetBauer, Geschichtsforschung und Archivwissenschaft. Das Institut für Österreichische Ge-
schichtsforschung und die wissenschaftliche Ausbildung der Archivare in Österreich (Hamburg 2014). Siehe
meine Rezension in : H-Soz-u-Kult Rezensionen 26.11.2015 (www.hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensio
nen/2015-4-143) (letzter Zugriff 21.07.2017).
15 Manfred Stoy, Das Österreichische Institut für Geschichtsforschung 1929–1945 (MIÖG Erg.-Bd. 50, Wien/
München 2007). Siehe meine Rezension in : H-Soz-u-Kult Rezensionen 09.08.2007 (www.hsozkult.de/publi
cationreview/id/rezbuecher-8993) (letzter Zugriff 21.07.2017).
16 Alphons Lhotsky, Geschichte des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 1854–1954. Festgabe
zur Hundertjahrfeier des Instituts (MIÖG Erg.-Bd. 17, Graz/Köln 1954). Auch die weitaus kürzere Instituts-
geschichte von Leo Santifaller, Das Institut für österreichische Geschichtsforschung. Festgabe zur Feier des
zweihundertjährigen Bestandes des Wien Haus-, Hof- und Staatsarchivs (Veröff. des IÖG 11, Wien 1950), ist
immer noch brauchbar.
17 Heinrich Fichtenau, Diplomatiker und Urkundenforscher, in : MIÖG 100 (1992) 9–49, hier 9 : „Mit ihm
[Hans Hirsch †1940] soll dieser Überblick beendet werden, denn Gelehrtengeschichte verträgt keine allzu
nahe Distanz.“
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625