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106 Wolfgang Meixner und Gerhard Siegl
Eine erste populärwissenschaftliche Zusammenfassung seiner Arbeiten zur Tiroler
Volkskunde erschien 1927 im von Michael Haberlandt herausgegebenen Band „Öster-
reich, sein Land und seine Kultur“42. Im selben Jahr erschien auch sein Beitrag „volkliche
Einheit Tirols und ihre Entstehung“43. Für das vom Deutschen und Österreichischen
Alpenverein herausgegebene Werk „Tirol, Land und Natur, Volk und Geschichte“ ver-
fasste Wopfner 1933 einen umfassenden Beitrag zur Volkskunde Tirols44. Dabei sah er
die „Eigenart des deutschtirolischen Volkstums“ in einer „Vermischung“ der „Germani-
sierung“ durch die bayerische Herrschaft „mit dem rätoromanischen Volkstum“. Diese
drücke sich in Sitten, Bräuchen, Rechtsgewohnheiten, Orts- und Flurnamen, in der Wirt-
schaft, Hausbau und Siedlung aus45. „Rassisch“ ortete Wopfner den „Tiroler“ in einer
„Mischung“ aus „Elementen der nordischen und der dinarischen Rasse“, während die „al-
pine“ und die „mittelländische (westische) Rasse“ weniger stark vertreten sei. Wopfner sah
jedoch das „tirolische Volkstum“ als eine „einheitliche Sondergestaltung des deutschen
Wesens“, wobei er darin größere Gruppen auszumachen vermochte. Den größten Unter-
schied machte er zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern des Westens und des Os-
tens des Landes aus. Die Eigenart des „tirolischen Volkstums“ bestand für ihn vor allem in
dessen „bäuerliche[n] Eigenart“. Dieser ordnete er neben einem „Gefühl von Freiheit und
Unabhängigkeit“ auch eine „gewisse Schwerfälligkeit“ und „Redegewandtheit“ zu, kon-
zedierte aber auch ein „gründliches Denken und scharfe Beobachtungsgabe“. Die Eigen-
art des „Tiroler Volkes“ war für Wopfner wesentlich durch seine Geschichte bestimmt46.
Wopfner blieb in seiner Darstellung der „rassischen“ Eigenschaften und Eigenheiten des
„Tiroler Volkes“ sehr auf die phänomenologische Ebene beschränkt. Der überwiegende
Teil seiner Abhandlung widmete sich sozialen, wirtschaftlichen sowie volkskundlichen
Aspekten (Volksbräuche, Volkskunst, Tracht sowie Ernährung) mit einem Schwerpunkt
(Buchreihe der Österreichischen Zs. für Volkskunde N. S. 22, Wien 2007), sowie Wilhelm Heiner Herzog,
Viktor von Geramb – Pionier der wissenschaftlichen Volkskunde und Bewahrer der heimischen Volkskultur,
in : Kunst und Geisteswissenschaften aus Graz. Werk und Wirken überregional bedeutsamer Künstler und
Gelehrter vom 15. Jahrhundert bis zur Jahrtausendwende, hg. v. Karl Acham (Wien/Köln/Weimar 2009)
577–592.
42 Hermann Wopfner, Tirolische Volkskunde, in : Österreich, sein Land und seine Kultur, hg. v. Michael Ha-
Berlandt (Wien/Weimar 1927) 332–354.
43 Hermann Wopfner, Die volkliche Einheit Tirols und ihre Entstehung, in : Das Deutschtum im Ausland :
Südtirol, hg. v. Karl Bell (Dresden 1927) 20–54.
44 Hermann Wopfner, Entstehung und Wesen des tirolischen Volkstums, in : Tirol. Land und Natur, Volk und
Geschichte. Geistiges Leben 1 : Textband, hg. v. Hauptausschuss des Deutschen und Österreichischen Alpen-
vereins (München 1933) 139–206.
45 Ders., Entstehung (wie Anm. 44) : 1. Der völkische „Stammbaum“ des Tiroler Volkes 139–144, hier 141.
46 Ders., Entstehung (wie Anm. 44) : 2. Die Rassenelemente des Tiroler Volkstums und 3. Die geistige Eigenart
des Tiroler Volkes und ihre Bedingungen 144–148 sowie 148–163, hier 144, 148 sowie 154–155.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625