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144 Petra Svatek
SODFG zählte zu jenen sechs zuvorderst in Deutschland beheimateten Volksdeutschen
Forschungsgemeinschaften, welche eine systematische Erforschung des Grenz- und Aus-
landsdeutschtums durchführen wollten96. Die Mitarbeiter der SODFG setzten sich vor
allem aus Wissenschaftlern der Universität Wien, aber auch der Universitäten Graz und
Prag sowie anderen Forschungseinrichtungen und Leuten aus Südosteuropa zusammen.
Somit entstand eine nicht nur über die Fakultäts- und Hochschul-, sondern auch über die
Staatsgrenzen hinausreichende multidisziplinär orientierte Forschungsgemeinschaft, de-
ren Forschungsschwerpunkte bis 1938 vor allem auf volkskundlichen, historischen, ger-
manistischen und kulturgeographischen Studien über das Burgenland, die Sudetenländer,
Ungarn und den jugoslawischen Raum lagen97. In Wien wurde zudem ein Übersetzungs-
dienst aufgebaut, eine speziell auf Südosteuropa ausgerichtete Bibliothek eingerichtet und
Verzeichnisse von allen deutschen und nichtdeutschen Wissenschaftlern aus dem Südos-
ten erstellt98.
Neben der administrativen Leitung, die unter anderem die Teilnahme an den Treffen
der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften vorsah, lag Hassingers Tätigkeitsfeld vor
allem in der Organisation und Leitung von „Studienfahrten“, in der Kontaktaufnahme
mit anderen Wissenschaftlern und Institutionen im südöstlichen Europa und in der Lei-
tung des Projektes „Burgenlandatlas“ (zusammen mit Bodo). Eigene Forschungen führte
er im Rahmen der SODFG kaum durch.
Die von Hassinger und Hirsch organisierten „Studienfahrten“ führten zu den deut-
schen Minderheiten der tschechoslowakischen Grenzgebiete und Siebenbürgens. Die Teil-
nehmer waren Geisteswissenschaftler österreichsicher und reichsdeutscher Universitäten.
Als Ziel stand vor allem die Vernetzung zwischen österreichischen und reichsdeutschen
Wissenschaftlern sowie lokalen Deutschtumsforschern und Angehörigen der deutschen
Minderheit im Vordergrund99. Der volkstumspolitischen Brisanz der „Studienfahrten“
war man sich von Beginn an bewusst. Die Worte eines unbekannten Verfassers in einem
internen Protokoll über die erste Fahrt in die Slowakei 1932 zeigen dies deutlich auf : So
waren zur Vermeidung jeder Reibungsmöglichkeit oder Bespitzelung die Hauptvorträge auf
österreichischem Boden oder doch in einer Weise abgehalten, daß unbedingte Sicherheit gegen
96 Allgemeines zur SODFG siehe FahlBusch, Wissenschaft (wie Anm. 6) 247–297, 622–660 ; Ders., Die
„Südostdeutsche Forschungsgemeinschaft“. Politische Beratung und NS-Volkstumspolitik, in : Die Histori-
ker im Nationalsozialismus, hg. v. Winfried Schulze, Otto Gerhard Oexle (Frankfurt/M 1999) 241–264 ;
Ders., SODFG, in : Handbuch der völkischen Wissenschaften, hg. Haar u. a. (wie Anm. 4) 688–697.
97 Eine genaue Beschreibung der Arbeitsvorhaben befindet sich in : FahlBusch, Wissenschaft (wie Anm. 6)
278–297.
98 FahlBusch, Wissenschaft (wie Anm. 6) 273.
99 Ebd. 272.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625