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ziplinen mitbeteiligt waren. Allerdings ist bei den Mitarbeitern nur im geringen Ausmaß
eine Kontinuität zum Burgenland- und Gauatlas feststellbar. Nur wenige Wissenschaftler
aus der Zeit des Nationalsozialismus beteiligten sich auch an diesem Atlasprojekt, wie
zum Beispiel Klaar, Lendl, Strzygowski, Eberhard Kranzmayer und Kurt Willvonseder.135
Nach 1945 widmete sich Hassinger erneut historischen Forschungen. Mit seiner Mo-
nographie „Österreichs Anteil an der Erforschung der Erde“ (1950) setzte er sich mit ös-
terreichischen Forschungs- und Entdeckungsreisen und dem geographischen Weltbild der
Österreicher auseinander. Dabei erhält der Leser auch einen Einblick in die geschichtliche
Entwicklung einiger Wissenschaftsdisziplinen, wie zum Beispiel der Kartographie und
der Astronomie. Große Aufmerksamkeit wird der Geographie, Kartographie und Astro-
nomie des Renaissancezeitalters, der Gesandtenreisen des 16. und 17. Jahrhunderts (zum
Beispiel Sigismund von Herberstein), den Forschungen österreichischer Jesuiten und der
Entwicklung der österreichischen Geographie und Kartographie im 18. und 19. Jahr-
hundert geschenkt. Zum Abschluss plädierte Hassinger, dass in der Stadt Wien aufgrund
ihrer Lage zwischen West und Ost „eine der Erforschung der Erde dienende Organisation
geschaffen werden“ sollte, „die mit den vereinten und auch räumlich zusammengefaßten
Kräften seines Geographischen Instituts und der Geographischen Gesellschaft und ge-
stützt auf den reichen Bibliotheks-, Karten- und Musealbesitz unserer Stadt eine interna-
tionale Forschungsstätte für die Geschichte der Erd- und Himmelskunde wird“136.
Die Lage Österreichs wurde ein Thema seiner beiden Studien „Österreichs Wesen und
Schicksal“ (1949)137 und „Boden und Lage Wiens“ (1946)138. Hier knüpfte er an seine
während der NS-Zeit getätigten Ausführungen über die Bedeutung Wiens bzw. Österreichs
für den europäischen Südosten an. Diesem Thema näherte er sich abermals historisch-geo-
graphisch, indem er neben den physiogeographischen Gegebenheiten die Geschichte der
österreichischen Kulturlandschaft und das Ausreifen von Österreichs Eigenart darzulegen
versuchte. Dabei führte er unter anderem die Lage Wiens als Verkehrsstern nach allen
Richtungen sowie ihre zentrale Rolle für Südosteuropa während der Habsburgermonarchie
an. Auf die Zeit des Nationalsozialismus nahm Hassinger kaum Bezug. Allerdings richtete
er seine Kritik an den Verantwortlichen in Berlin, da diese Wien „für die Gestaltung der
Beziehungen des deutschen Volkes und Staates zu den Südostvölkern (sowie zu den in
diesen eingekapselten volksdeutschen Gruppen)“ nicht genügend einbezogen hätten139.
135 Zur Raumforschung nach 1945 siehe auch : Svatek, Raumforschung (wie Anm. 17) 257–259.
136 Hugo Hassinger, Österreichs Anteil an der Erforschung der Erde. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Öster-
reichs (Wien 1950) 184.
137 Ders., Österreichs Wesen und Schicksal, verwurzelt in seiner geographischen Lage (Wiener Geographische
Studien 20, Wien 1949).
138 Ders., Boden und Lage Wiens (Wiener Geographische Studien 14, Wien 1946).
139 Ders., Wesen (wie Anm. 137) 12.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625