Page - 188 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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188 Martina Pesditschek
In diesem Sinn soll im Folgenden Helboks Leben und Werk einer kritischen Sichtung
insbesondere im Hinblick auf seine Entwicklung zu einem – wie es jedenfalls auf den ersten
Blick ganz den Anschein hat – überzeugten und offenbar auch „unbelehrbaren“ National-
sozialisten unterzogen werden, den Status eines solchen braucht man in seinem Fall, ganz
anders als in jenem von Heinrich Ritter von Srbik18, ja offenbar nicht mehr nachzuweisen.
Ob Helbok tatsächlich auch nur ein ebenso typischer Nationalsozialist wie Srbik gewesen
ist, wird sich im Laufe dieser Untersuchung freilich erst weisen19. Anders als Srbik hat
Helbok auch allgemein zugängliche (nach 1945 verfasste) persönliche „Erinnerungen“20
hinterlassen ; in diesen wird Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus eine durchaus po-
sitive Würdigung zuteil, und Helbok stellt sich in ihnen auch nicht als NS-Gegner oder
beklagenswertes NS-Opfer dar. Gleichwohl ist Helbok bei ihrer Abfassung keineswegs
uneingeschränkt aufrichtig gewesen : So verschweigt er etwa seinen (tatsächlich nicht wi-
derrufenen) Beitritt zur NSDAP im Jahr 1933, sodass dem unkundigen Leser die 1934
und dann wieder 1945 gegen ihn gesetzten Maßnahmen österreichischer Regierungen, die
setzungen entsprechend im Wesentlichen als Vorarlberger Heimatforscher präsentiert : „Der Vlbg. Historiker
u. Volkskundler Adolf Helbok […] gehörte zu den Mitbegründern des österr. Volkskundeatlas u. zu den Ini-
tiatoren der Heimatforschung in Vorarlberg. Zusammen mit dem Wiener Historiker Otto Brunner rief er die
Volksgeschichte ins Leben u. entwickelte kartographische Methoden im Rahmen der Volkskunde. Werke :
Geschichte Vorarlbergs (1925), Volkskunde Vorarlbergs (1927), Vorarlberger Heimatforschung (1935). Ab 1920
gab er die Vorarlberger Monatshefte Heimat heraus […] sowie die 12bändige Vorarlberger Heimatkunde (ab
1927)“, in : GulBransson, Tagebücher 4 (Bibl.) 84 Anm. 101 ; Dies., Tagebücher 5 (Bibl.) 96 Anm. 176.
18 Zu diesem siehe zuletzt Martina Pesditschek, Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951). „Meine Liebe
gehört bis zu meinem Tod meiner Familie, dem deutschen Volk, meiner österreichischen Heimat und mei-
nen Schülern“, in : Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945 2, hg. v. Karel Hruza
(Wien/Köln/Weimar 2012) 263–328 ; Dies., Heinrich (von) Srbik (1878–1951) und die Wiener Akademie
der Wissenschaften, in : Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung,
hg. v. Johannes Feichtinger, Herbert Matis, Stefan Sienell, Heidemarie Uhl (Wien 2013) 37–46 ; engl.
Üs. Dies., Heinrich (von) Srbik (1878–1951) and the Academy of Sciences, in : The Academy of Sciences in
Vienna 1938 to 1945, ed. Johannes Feichtinger, Herbert Matis, Stefan Sienell, Heidemarie Uhl, Trans-
lation from German Nick Somers, Cynthia Peck-Kubaczek (Wien 2014) 35–43 ; Dies., Heinrich (Ritter)
von Srbik – Historiker, Unterrichtsminister, Reichstagsabgeordneter im Nationalsozialismus, in : 650 Jahre
Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert 2 : Universität, Politik – Wirtschaft – Gesellschaft, hg. v.
Mitchell Ash und Josef Ehmer (Göttingen 2015) 293–298 ; Dies., Heinrich (von) Srbik, in : Handbuch der
völkischen Wissenschaften. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme I, hg. v. Michael FahlBusch, Ingo
Haar, Alexander Pinwinkler (Oldenbourg/Berlin/Boston 22017) 779–781.
19 Dies ist nach 1945 bisher m.W. nur von Vonderach, Helboks Volksgeschichte (Bibl.) 23 mit Argumenten
bestritten worden („Vom Nationalsozialismus unterscheidet sich Helboks Weltanschauung dadurch, daß die
Juden in ihr nur am Rande vorkommen und die aggressive außenpolitische Komponente fehlt“). Für eine erste
Information über Helbok und sein Werk ist diese sehr kenntnisreiche Skizze in einer klar rechtsgerichteten,
aber jedenfalls nicht manifest rechtsextremen Zeitschrift sehr gut geeignet.
20 HelBok, Erinnerungen (Bibl.).
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625