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Adolf Helbok (1883–1968) 193
mit Auszeichnung abschloss46. Helbok war nach eigenem Bekunden zunächst eine Art
„Studiosus Bummel“ gewesen und hatte vorerst „kaum eine Vorlesung vollständig be-
sucht“. Stattdessen hatte er beim Corps Athesia Innsbruck47, dem er 1905 beigetreten
war, seine „Mensuren gefochten[,] und geliebt hatte ich auch“48 ; und qua „Führer der
nationalen Studentenschaft“49 hatte er darüberhinaus auch noch gleichsam als „Studiosus
Rummel“ agiert. „Erst als Harold Steinacker als junger Extraordinarius aufgetreten war,
begannen mich seine geistvollen Vorträge in die Universität zu ziehen“50 ; genauso hat
Jahrzehnte später übrigens die spätere Schriftstellerin (und Nationalsozialistin) Gertrud
Fussenegger empfunden, die „sehr bald eine eifrige Schülerin“ bei diesem „Ideal eines
akademischen Lehrers“ wurde, „alle seine Collegs“ besuchte und „versuchte, kein einzi-
ges zu versäumen“51. Dass Steinacker auf Helbok und Fussenegger so anziehend wirkte,
hatte gewiss auch mit seiner eigenen deutschnationalen Ausrichtung zu tun. Nach dem
Ende des Ersten Weltkriegs fand er an der traditionellen Art der auf Personen und Staa-
ten konzentrierten Geschichtsschreibung kein Genügen mehr – nun propagierte er, dass
„Volk vor Staat geht“52 –, und ein solches Unbehagen hatte Hermann Wopfners Interessen
schon vor 1914 zu Agrar- und Siedlungsgeschichte sowie zur Volkskunde hingelenkt53.
Diese beiden Lehrer haben Helbok geprägt, und sie sollten ihn in Zukunft immer wieder
fördern und unterstützen54.
Nach seiner Promotion verbrachte Helbok mit Unterstützung durch ein Stipendium
vom Istituto Austriaco di studi storici 1911 die Monate Januar bis Mai und 1912 die Mo-
nate Januar bis April in Rom, um Studien an den päpstlichen Brevenregistern vorzuneh-
46 AdR, PA AH, fol. 4 ; HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 7, 10f.
47 Goller, OBerkofler, Universität Innsbruck (Bibl.) 77 ; Fritz Ranzi, Die Geschichte des akademischen
Corps Athesia zu Innsbruck (Innsbruck 1961) 106 ; vgl. etwa auch 65 : „Die Exponenten jener vornehmen
Zeit waren die Corpsbrüder Helbok, [Karl] Polaczek, [Rudolf] Feldmann und [Julius] Küper.“
48 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 7 ; vgl. Gröhsl, Helbok – 75 Jahre (Bibl.) 19 ; Ranzi, Adolf Helbok 80 Jahre
alt (Bibl.) 23 („[…] Corps Athesia […], bei welchem er […] häufig auf Mensur stand und das Studentenleben
in vollen Zügen genoß“) ; Timmel, Helbok (Bibl.) 23.
49 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 42f.; Ranzi, Adolf Helbok 80 Jahre alt (Bibl.) 23 : „[…] bewährte sich als
Vorsitzender des deutschfreiheitlichen Hochschulausschusses, als die Wahrmundaffäre hohe Wellen schlug, die
den Klerikalismus in unangenehmer Weise in Erscheinung treten ließ.“
50 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 7 ; vgl auch Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“ (Bibl.) 82.
51 Gertrud Fussenegger, Ein Spiegelbild mit Feuersäule. Lebensbericht (Stuttgart 1979) 208 (freundlicher
Hinweis von Sebastian Fink).
52 Vgl. etwa OBerkrome, Volksgeschichte (Bibl.) 39f.
53 Vgl. etwa ebd. 37f.; Johler, Innsbruck (Bibl.) 410f.; Kaudelka, Rezeption (Bibl.) 215–221.
54 Vgl. etwa Kramer, Otto Stolz (wie Anm. 1) 144 (Wopfners „große und durch alle Zeiten währende Förde-
rung von Helbok“), 145 („Beide, Wopfner und Steinacker, förderten Helbok, so gut sie nur konnten“), 146
(„Wopfner und Steinacker schätzten Adolf Helbok, wie erwähnt, sehr hoch ein“).
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625