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Adolf Helbok (1883–1968) 199
Feldkircher Gymnasiallehrer Paul Pirker86, der damals den Anschluss an die Schweiz befür-
wortete und für den zu dieser Zeit antisemitische Töne gleichfalls nicht tabu waren87, waren
für die prodeutsche Propaganda später im Wesentlichen überhaupt nur die „Intellektuellen“
um das „Vorarlberger Tagblatt“ verantwortlich, „welche ja zur Genüge bekannt sind. Ich
nenne nur Dr. Helbock [sic] und Dr. Nägele“88.
Ebenfalls schon bald nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, am 7. April 1919, wurde
Helbok die Venia für „Österreichische Geschichte und allgemeine Wirtschaftsgeschichte“
an der Universität Innsbruck aufgrund seiner in überarbeiteter Form publizierten Dis-
sertation „Die Bevölkerung der Stadt Bregenz am Bodensee. Vom 14. bis zum Beginn
des 18. Jahrhunderts“89 und der zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Druck vorliegenden
ersten Lieferung der „Regesten von Vorarlberg und Liechtenstein“90 verliehen91. Da nun
1919) 4, 7, 19 ; Adolf HelBock [sic], Vorarlberg und Schwabenland, in : Schwabenland. Kulturpolitische Zs.
für den Gau Schwaben 5, H. 4 (1938) 117–132 ; Adolf HelBok, Deutsche Siedlung. Wesen, Ausbreitung
und Sinn (Volk. Grundriß der deutschen Volkskunde in Einzeldarstellungen 5, Halle/Saale 1938) 159f.: „Wer
von Vorarlberg aus in die Schweiz eintritt, hat nicht das Gefühl, eine Staatsgrenze zu überschreiten. Viel eher
ist dies der Fall, wenn er von Tirol über den Arlberg nach Vorarlberg geht“ ; gleichwohl kommt der Schweizer
„dem Vorarlberger derber und zugleich fremder, angesteckt durch einzelne französische Lebensformen vor. Im
nationalen Kampf der alten österreichischen Monarchie hat der Vorarlberger Alemanne gelernt, deutschbe-
wußt zu sein. Der Schweizer hat abseits solcher Entwicklung die einseitige Liebe zu dem von ihm geschaffenen
Staat gepflegt.“ Ders., Erinnerungen (Bibl.) 30 : „Und wenn der Vorarlberger gewiß und leider stark materi-
alistisch ist, so hat er doch noch viel mehr Idealismus als der dem Materialismus stärker verhaftete Schweizer.
[…] Für die seelische Erziehung des Vorarlbergers war es vorteilhaft, daß er die bekannte deutsche Leidenszeit
mitmachen mußte, sie wirkte, wie jede Leidenszeit, vertiefend. Den Schweizern merkt man stark an, daß sie in
den jüngsten Jahrhunderten von Not und Elend, den besten Volkserziehern, frei geblieben waren.“
86 Vgl. Paul Pirker, Erinnerungen eines Schulmannes (Selbstverlag [1947]) ; weiters Barnay, Erfindung (Bibl.)
365 ; Bilgeri, Geschichte Vorarlbergs (wie Anm. 85) v.a. 60, 63–68 ; Zuderell, Die Anschlussbewegung
(wie Anm. 85) 7, 19f., 45, 47–56, 65–68, 70, 74 sowie die folgende Anmerkung.
87 „Mit den Schweizern gemeinsam ist uns die Abneigung gegen Adel und Juden, welche beide in unserem Lande
keine Bedeutung erlangten“ : Koller, Wiener Judenstaat (wie Anm. 82) 89.
88 Pirker, Citadelle (wie Anm. 69) 52. Pirker schreibt seinen Historikerfeind überhaupt konstant mit ck am
Ende, was vielleicht als bewusster Bosheitsakt zu deuten ist. Vgl. auch Barnay, Erfindung (Bibl.) 393f.
89 Siehe Anm. 45.
90 HelBok, Regesten (wie Anm. 74) ; vgl. Ders., Erinnerungen (Bibl.) 24.
91 AdR, PA AH, fol. 3–9 ; UAI, PA AH, Habilitationsakt, Besetzung der neu zu errichtenden Lehrkanzel für
deutsche Volkskunde ; BAB, R 4901/13266 ; BAB, NS 15, 210, fol. 3 ; UA Leipzig, PA 561, fol. 184 ; Mi-
chael FahlBusch, Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik ? (wie Anm. 72) 314 ; Gol-
ler, OBerkofler, Universität Innsbruck (Bibl.) 72 ; Gröhsl, Helbok – 75 Jahre (Bibl.) 19 ; Häfele, Hel-
bok (Bibl.) 149 ; Ilg, Geschichte der tirolischen Volkskunde (wie Anm. 26) 209 ; Johler, Geschichte und
Landeskunde (Bibl.) 453 ; Art. „Helbok, Adolf“, in : Kiefer, Bio-Bibliographisches Handbuch (Bibl.) 257 ;
OBerkofler, In memoriam (Bibl.) 145 ; OBerkofler, Die geschichtlichen Fächer (wie Anm. 26) 150 ;
Timmel, Helbok (Bibl.) 23. Helbok hatte sich nach eigenen Angaben zunächst offenbar durch eine „kritische
Untersuchung und Herausgabe der Stadtrechte Lindau – Kölner Rechtes“ habilitieren wollen, aber als „ich die
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625