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212 Martina Pesditschek
veröffentlicht159. Über das Verhältnis der beiden Teile des bei Helbok selbst später „Blut
und Boden“, hier aber noch „Boden und Volkstum“ genannten Begriffspaares zueinander
liest man hier bloß : „Die Erde hat offen daliegende und verhüllte Kräfte, das Volk nach
heutigen rassischen Ansichten ebenfalls, die Kombination beider führt zu den vielartigsten
Bildern, da auch die verhüllten Elemente entschleiert werden können“160. Das Bändchen
schloss, wie so manches andere Werk Helboks auch, mit einer Art Glaubensbekenntnis161.
Wichtiger ist, dass sich Helbok hier zum ersten Mal zu Hans Naumanns Zweischichtenthe-
orie162 bekannt hat163, wenn auch nicht völlig unkritisch164. Interessant ist auch, dass hier
„die guten Darlegungen Sprangers, Der Bildungswert der Heimatkunde, Berlin 1923“, wie
159 Ders., Aufbau einer deutschen Landesgeschichte aus einer gesamtdeutschen Siedelungsforschung (Schriften
zur deutschen Siedelungsforschung hg. v. Rudolf Kötzschke – Leipzig in Verbindung mit A. Helbok – Inns-
bruck und H. Aubin – Bonn, 1. H., Dresden 1925) ; vgl. die Anzeige von W[illy] Hoppe, Deutsche Land-
schaften, in : HZ 134,1 (1926) 183–186, hier 183 ; Ludwig, „Ein sonniges Neuland“ (Bibl.) 51f.
160 HelBok, Aufbau einer deutschen Landesgeschichte (wie Anm. 159) 4.
161 „Wir Landeshistoriker umfassen im Geiste die ganze, große, deutsche Erde und ihr reiches Volkstum und
setzen alles daran, daß diesem großen Volke wieder seine große Vergangenheit bewußt werde. Dann erst
können wir hoffen, daß das deutsche Volk jene Allkraft schöpfe, deren es bedarf, um den deutschen Staat der
Zukunft, das herrliche Haus aller Deutschen, Deutschland, zu schaffen“ (ebd. 31).
162 Siehe zuletzt kurz Art. „Naumann, Hans“, in : Klee, Personenlexikon (wie Anm. 58) 429 ; Hausmann, Geis-
teswissenschaften im „Dritten Reich“ (Bibl.) 435, 538, 550f., 556, 563f., 576f.; ausführlich Thomas Schirr-
macher, „Der göttliche Volkstumsbegriff“ und der „Glaube an Deutschlands Größe und heilige Sendung“.
Hans Naumann als Volkskundler und Germanist im Nationalsozialismus. Eine Materialsammlung mit Daten
zur Geschichte der Volkskunde an den Universitäten Bonn und Köln 1–2 (Disputationes linguarum et cultuum
orbis / Untersuchungen zu den Sprachen und Kulturen der Welt, Sectio V : Volkskunde und Germanistik
2,1 und 2,2, Bonn 1992, Neuauflage in einem Band 2000) ; vgl. auch Otfrid Ehrismann, „Ein schäbiger
Konjunkturismus des damals Üblichen war ihm fern“. Hans Naumann und seine bundesrepublikanische Re-
zeption, in : Zur Geschichte und Problematik der Nationalphilologien in Europa. 150 Jahre Erste Germanisten-
versammlung in Frankfurt am Main (1846–1966), hg. v. Frank FürBeth, Pierre Krügel, Ernst E. Metzner,
Olaf Müller (Tübingen 1999) 603–618 ; Reinhard Schmook, Der Germanist Hans Naumann (1886–1951)
– Seine Bedeutung für die Volkskunde, in : Wissenschaftliche Zs. der Humboldt-Universität zu Berlin, Reihe 1 :
Geistes- und Sozialwissenschaften 40,11 (1991) : Beiträge zur Geschichte der Volkskunde. Eine Wissenschaft
im Widerspruch zwischen Leistung und Versagen, 55–68 ; Ders., „Gesunkenes Kulturgut – primitive Ge-
meinschaft“. Der Germanist Hans Naumann (1886–1951) in seiner Bedeutung für die Volkskunde (Beiträge
zur Volkskunde und Kulturanalyse 7, Wien 1993) ; Ders. und Peter Assion, Hans Naumann, in : Völkische
Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volkskunde in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts. Helmut Paul Fielhauer † gewidmet, hg. v. Wolfgang JacoBeit, Hannjost Lixfeld, Olaf
Bockhorn (Wien/Köln/Weimar 1994) 39–50. Speziell zur Zweischichtentheorie : Stefan Schweizer, „Ge-
sunkenes Kulturgut“ – Zur Typologie populärwissenschaftlicher Kunstgeschichte im frühen 20. Jahrhundert,
in : Kritische Berichte. Zs. für Kunst- und Kulturwissenschaften 37,1 (2009) 19–35.
163 HelBok, Aufbau einer deutschen Landesgeschichte (wie Anm. 159) 14–17.
164 Ebd. 17 : „Anderseits müssen wir, trotz Naumann, doch auch damit rechnen, daß primitives Gut nach oben
steigen kann.“
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625