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240 Martina Pesditschek
stant in einem aus der Sicht Helboks negativen Kontext aufscheinen317. Besonders häufig
scheinen mir solche Erwähnungen in der „Deutschen Volksgeschichte“318, hier werden
aber andererseits auch wieder Äußerungen Heinrich Heines (über Goethe319) und des
„französische[n] Jude[n] Louis Eisenmann“ (über die Folgen des österreichisch-ungari-
schen „Ausgleichs“320) durchaus beifällig zitiert321.
317 So heißt es etwa in Ders., Probleme der deutschen und der französischen Volksgeschichte, in : Volk und
Reich 16,10 (1940) 670–697, hier 694 : „Es ist nur nötig, daß ein Fremder sich der Nation in dieser Idee [sc.
der „Zivilisation“] einordnet, dann ist er Franzose, genau so wie im spätrömischen Reiche, nachdem der Ras-
sengedanke untergegangen war, jeder Römer war, der sich äußerlich romanisierte. Die Idee der Assimilation
[…] ist in diesem Lande zu Hause. Solchem Denken verdankt der Jude seine Ausbreitung in den letzten 150
Jahren, ja deshalb wurde er zur ausschlaggebenden Macht Frankreichs. Er beherrscht heute alle wichtigen
Stellungen in Staat und Wirtschaft“ [fast identisch mit : Ders., Probleme der deutschen und französischen
[sic, ohne „der“] Volksgeschichte, in : Deutschland und der Westraum, hg. von Friedrich Heiss, in Zusam-
menarbeit mit Günter Lohse und Waldemar Wucher (Berlin 1941) 22–32, hier 30, wo u. a. statt „be-
herrscht heute“ nunmehr „beherrschte bis 1940“] – „der Jude“ erscheint hier also als Nutznießer und sein (in
für Antisemiten typischer Weise maßlos übertrieben dargestelltes) Prosperieren als Symptom einer negativen
Entwicklung, er hat diese aber für Helbok nicht etwa erst selbst hervorgerufen.
318 Vgl. Ders., Deutsche Volksgeschichte 2 (wie Anm. 32) besonders 257 : „Die Wendung hat einfühlend der
Jude Börne empfunden, als er auf die Nachricht von Goethes Tod am Morgen des 22. März 1832 hin
freudig die ‚Befreiung Deutschlands‘ verkündete. Er sah richtig ; denn nun galt mehr und mehr unverant-
wortliche Freiheit.“ 356 : „[…] unter dem Einflusse wesensfremder Agenten und Kritiker vor allem jüdischer
Herkunft.“ 373 : „Dazu kam dann die Zuwanderung des Judentums, ebenfalls aus dem Osten.“ 389 : „Die
Weimarer Republik auf Grund der Reichsverfassung vom 31. Juli 1919 nach dem Entwurfe des jüdischen
Professors Preuss war ein Werk liberalistisch-marxistischer Ideenwelt.“ 434 : „Nur die Juden, die sich gerade
in den Städten sehr wohl fühlten und den spezifischen Stadtkrankheiten bekanntlich weniger unterliegen,
sind offenbar der Großstadt angepaßt.“ 439 : „Verhältnismäßig viele ‚taindet [sic] genius‘ lieferte das Juden-
tum. Es ist die am meisten verstädterte Gruppe des Abendlandes. Auch ist hier die bekannte Erscheinung des
‚Luxurierens der Bastarde‘ in der ersten auf die Kreuzung in Mischehen folgenden Geschlechterfolge (der
F1-Generation) in Betracht zu ziehen. Hier treten verschiedene Grade schillernder Begabung hervor, die mit
Zersetzung des Willenslebens verbunden zu sein pflegen. So etwas gibt es aber in ländlicher Welt eben nicht.
Es würde in kürzester Frist dem Fluch der Lächerlichkeit verfallen.“
319 Ebd. 239.
320 Ebd. 333.
321 Vgl. an einschlägigen Äußerungen weiters noch Ders., Die deutsche Sendung Österreichs, in : Velhagen &
Klasings Monatshefte 51,12 (August 1937) 565–570, hier 569 : „Die Lockerung der josefinischen Staats- und
Volkseinheit begann bereits unter Josef II., der z.T. die Freiheit des Judentums anbahnte. […] Und da wieder
sah [der Deutsche in der Habsburgermonarchie], wie römische Kirche und Judentum in den letzten Kon-
sequenzen völkischen Daseins seine Antipoden waren. Los-von-Rom-Bewegung und Antisemitismus ent-
standen, und es nahte das Gefühl der natürlichen Rasseneinheit. […] Von der heutigen sozialistischen Seite
des Nationalsozialismus abgesehen, ist ein Großteil seiner völkischen Ideenwelt in Österreich herangereift.“
HelBok, Deutsche Geschichte auf rassischer Grundlage (wie Anm. 36) 17 : „Noch früher […] trat H. Wolf
in seiner angewandten Geschichte gegen die Umweltlehre, für die Germanenidee und gegen die jüdische
Verfälschung unseres Geschichtsbildes auf.“ 80 : „[…] vollzog sich in Österreich schon in der Vorkriegszeit
die Entwicklung zur Idee […] des Antisemitismus“, „[…] diese Idee von der Volksgemeinschaft im Vereine
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625