Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographien
Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Page - 243 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 243 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

Image of the Page - 243 -

Image of the Page - 243 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

Text of the Page - 243 -

Adolf Helbok (1883–1968) 243 beschränkt, die jedenfalls noch 1933 auch für Fischer viel wichtiger als die negative Euge- nik gewesen sein soll330. Der inhumanen Natur der Kehrseite der positiven Eugenik, sc. der negativen Eugenik, gegenüber hat Helbok Apperzeptionsverweigerung betrieben331. Was die von ihm nun bald ebenfalls inflationär verwendeten Termini „Auslese“ bzw. „Aus- merze“ betrifft, so bezeichnen diese bei Helbok immer naturhafte Prozesse und nicht etwa durch Menschen hervorgerufene oder hervorzurufende Eingriffe an (Unter-)Leib und Le- ben, und der „Zivildiener“ im Ersten Weltkrieg Helbok hat von 1935 an mit geradezu grotesker Penetranz als bewährtestes „Auslese“- bzw. „Ausmerze“-Verfahren nicht etwa den Krieg, sondern die Rodungsarbeit genannt : „Ausmerze“ ging für ihn idealtypisch augenscheinlich etwa so vor sich, dass einem weniger „erbwertigen“ Individuum beim Rodungswerk als Folge seiner Ungeschicklichkeit ein Baum auf den Kopf fiel, worauf es gar nicht mehr erst zur Familiengründung gelangte ; ultimativer Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung schien ihm dabei der Umstand, dass die Vorfahren des „Führers“ aus dem Rodungsgebiet Waldviertel stammten332. Ein 1934 zunächst geplanter Ferienaufenthalt in Innsbruck bzw. generell in Österreich wurde von Helbok offenbar kurzfristig verworfen, denn angesichts des Juliputsches333 in diesem Jahr „rieten uns [Freunde], fernzubleiben, da ich offenbar lediglich durch meinen Berliner Berufsaufenthalt verdächtig war“334. Die Ferien verbrachte Helbok mit seiner Frau dann auf deutschem Gebiet am Bodensee, und am 3. September 1934 schloss Hel- 330 So Franz Wetzel, Kernfragen der Eugenik, in : Natur und Kultur 30,9 (September 1933) 321–324, hier 324. 331 Wenn HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 195, 224 mit seinem Verweis auf den sozialdemokratischen Eugeniker Alfred Grotjahn vermutlich zum Ausdruck bringen will, dass namentlich die negative Eugenik jedenfalls vor 1945 nicht nur ein Anliegen der Nationalsozialisten, sondern aller „progressiven“ Kräfte gewesen ist, so muss ihm beigepflichtet werden, vgl. jüngst Götz Aly, Die Belasteten. „Euthanasie“ 1939–1945. Eine Ge- sellschaftsgeschichte (Frankfurt/M. 2013) 21–24, oder etwa Michael Schwartz, „Proletarier“ und „Lum- pen“. Sozialistische Ursprünge eugenischen Denkens, in : Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 42,4 (1994) 537–570, und das in seiner Gesamtheit dem Thema „Sozialismus und Eugenik“ gewidmete Heft 18 (2000) der Zeitschrift „Mil neuf cent“. Der als Ur-Autor des Musicals „My Fair Lady“ noch heute bekannte Schrift- steller und Sozialist George Bernard Shaw wollte noch vor Hitler „the idle and unfit“ vergasen, vgl. George Watson, The Lost Literature of Socialism (Cambridge 22010) 97f. Zu den Anfängen der modernen Eugenik vgl. jüngst Debbie Challis, The Archaeology of Race. The Eugenic Ideas of Francis Galton and Flinders Petrie (London 2013). 332 Vgl. Kaudelka, Rezeption (Bibl.) 223 : „absurde[n] Behauptung“ ; Meixner, „… eine wahrhaft nationale Wissenschaft der Deutschen…“ (Bibl.) 130. 333 Siehe zuletzt ausführlich Hans Schafranek, Sommerfest mit Preisschießen. Die unbekannte Geschichte des NS-Putsches im Juli 1934 (Wien 2006) mit Literatur ; kurz auch Art. „Juliputsch 1934“, in : Österreich- Lexikon 2 (wie Anm. 35) 152f. 334 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 110f.; Ludwig, „Ein sonniges Neuland“ (Bibl.) 50, schreibt überhaupt von Helboks „Verwicklung in den Juliputsch 1934“, jedoch ohne eine Quelle anzugeben, ebd. nennt sie diesen Um- stand auch als Begründung für seine Berufung nach Berlin, die jedoch bereits vor diesem Datum erfolgt war.
back to the  book Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3"
Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Österreichische Historiker