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Adolf Helbok (1883–1968) 249
6.
Tatsächlich erhielt Helbok bereits kurz nach Weihnachten 1934 ein Schreiben des Dresd-
ner Ministeriums mit der Frage, ob er „einem Ruf nach Leipzig folgen könnte“368. Die
eigentliche „Berufung nach Leipzig erreichte mich dann, als wir in Innsbruck auf Semes-
terferien waren und ich im Institut am Tiroler Heimatatlas369 saߓ370. Helbok begann
bereits nach den Osterferien im Frühjahr 1935 in Leipzig zu lesen371, denn es wurde
ihm bis zu seinem eigentlichen Dienstantritt am 1. Oktober 1935372 die Verwaltung dieses
Lehrstuhls sowie die mit ihm verbundene Leitung des Kötzschke-Instituts („Seminar für
Landesgeschichte und Siedlungskunde“) übertragen, das auf seinen eigenen Wunsch hin
auch alsbald die Umbenennung zu einem „Institut für deutsche Landes- und Volksge-
schichte“ erfuhr373. Darüberhinaus wurde auch noch sein Wunsch, Mitdirektor an dem
Literatur, auch Heitz, Rudolf Kötzschke (wie Anm. 13) 273, wo man erfährt, dass Kötzschke 1933 durch die
Äußerung von (sachlich unzutreffenden) „Bedenken wegen möglicherweise katholischer Tendenzen des Kandi-
daten“ eine Berufung des Mediävisten Heimpel nach Leipzig zu verhindern gesucht hatte. Da Helbok seit jeher
antiklerikal empfunden hatte – was gute persönliche Beziehungen zu einzelnen Mitgliedern des Klerus wie dem
päpstlichen Hausprälaten Georg Schreiber nicht ausschloss –, mag man im Übrigen eher seinen Verbleib in der
römisch-katholischen Kirche bis zum Jahre 1934 als einen Akt des Opportunismus ansehen.
368 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 112 ; vgl. Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“ (Bibl.) 83.
369 Ein „Tiroler Heimatatlas“ war ein weiteres Projekt Helboks aus seiner ersten Innsbrucker Periode – vgl. Hel-
Bok, Erinnerungen (Bibl.) 98–101 –, das von ihm dann offenbar auch noch in seiner Berliner Zeit weiterver-
folgt worden ist, aber anders, als es manche Formulierung in den „Erinnerungen“ nahelegt – vgl. etwa ebd.
99 : „Huizinga […] nahm sich der Angelegenheit sehr warm an[,] und bald war das Erscheinen der englischen
Ausgabe im Auslande, sowohl in Amerika wie in England, sichergestellt“ –, augenscheinlich nie das Licht
der Welt erblickt hat. Ein nämliches gilt übrigens für ein in Ders., Was ist deutsche Volksgeschichte ? (wie
Anm. 295) 66 Anm. 1 als „vor dem Abschlusse befindlich“ bezeichnetes Buch „Alpenländisches Schicksal im
Wandel der Jahrtausende“.
370 Ders., Erinnerungen (Bibl.) 116 ; vgl. ebd. 116–118. Vgl. weiters UAI, PA AH, Schreiben Helboks an das
Bundesministerium vom 30.03.1935 mit Ortsangabe Innsbruck, in dem er bekanntgibt, mit 01.10.1935
„in das Deutsche Reich zu übersiedeln“ zu gedenken ; auch das Schreiben Helboks an den Leipziger Dekan
Berve vom 22.03.1935 (UA Leipzig, PA 561, fol. 13), in dem er berichtet : Soeben habe ich im Ministerium
abgeschlossen.
371 UA Leipzig, PA 561, fol. 18.
372 UAI, PA AH, 19.07.1935.
373 UA Leipzig, PA 561, fol. 19, vgl. fol. 132 ; vgl. Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“
(Bibl.) 89 Anm. 18 ; weiters UA Leipzig, PA 561, fol. 20 ; Fehn, Volksgeschichte im Dritten Reich (Bibl.) 573 ;
Ulrich von Hehl, Markus Huttner, Geschichte, in : Geschichte der Universität Leipzig 1409–2009 4 :
Fakultäten, Institute, Zentrale Einrichtungen, hg. v. Ulrich von Hehl, Uwe John, Manfred Rudersdorf
(Leipzig 2009) Halbband 1, 157–196, hier 179f.; Ludwig, Adolf Helbok […] und die „Gleichschaltung“
(Bibl.) 83 ; Dies., „Ein sonniges Neuland“ (Bibl.) 50f. mit Anm. 7. Helbok selbst bezeichnet die Umbenen-
nung als Vorschlag des Ministeriums, den er gemeinsam mit Kötzschke anzunehmen beschloss ; vgl. Hel-
Bok, Erinnerungen (Bibl.) 120.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625