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268 Martina Pesditschek
lassen, Helbok habe eine Dummheit gemacht, die es schleunigst zu berichtigen gilt485. Wenig
später, am 14. Juli 1938, teilte die Hauptstelle Kulturpolitisches Archiv der Deutschen Ar-
beitsfront, Amt Deutsches Volksbildungswerk, Abteilung II – Vortragswesen, mit, dass nach
der mehrfachen Ablehnung, die die Arbeiten des Genannten [sc. Helbok] durch die Arbeits-
gemeinschaft für deutsche Volkskunde in der Öffentlichkeit erfahren haben (zuletzt in dem als
parteiamtlich anzusehenden Gutachten-Anzeiger „Deutsche Volkskunde im Schrifttum“, Verlag
Eher), […] von einem Einsatz Helboks als Redner bei Parteiveranstaltungen abzusehen sei486.
In der Folge wurden seine „volkstumsgeschichtlichen Forschungen“ von der Deut-
schen Forschungsgemeinschaft schon für die Periode 1939/1940 nicht mehr finanziell
unterstützt487, des Weiteren verweigerte das „Ahnenerbe“ Finanzierung und Griff auf
den ADV488. Sinnvoller als seine vielen Eingaben war gewiss die Veröffentlichung einer
neuen programmatischen Schrift, die seine Parteitreue deutlich zum Ausdruck brachte :
„Deutsche Geschichte auf rassischer Grundlage“489. Hier zitierte er nun nicht nur über
eine Seite lang den „Führer“490, er äußert sich hier zum ersten Mal in einer Programm-
schrift einige wenige Male antisemitisch491. Gleichwohl versuchte er auch, Kontinuität in
485 UAI, PA AH, Abschrift eines Briefes vom 30.06.1938 als Beilage 14 zu Vorstellung gegen meine Amtsenthe-
bung ; Meixner, „… eine wahrhaft nationale Wissenschaft der Deutschen…“ (Bibl.) 130 ; vgl. UAI, PA AH,
Nachtrag zu meiner Verteidigungsschrift, Stellungnahme zu den Vorhaltungen. Diese waren im vorliegenden
Fall in der Tat besonders absurd und an den Haaren herbeigezogen gewesen, denn bei Virgil Redlich, Rez.
von Helboks Grundlagen der Volksgeschichte Deutschlands und Frankreichs, in : Zs. für Deutsche Geistes-
geschichte 2, H. 4/5 (1936) 213 handelte es sich um eine vorwiegend aus Zitaten aus dem Buch bestehende
Kürzestrezension über dessen erste (448 Seiten umfassende) fünf Lieferungen, an dessen Ende nicht etwa eine
Nähe zu katholischer Kirche oder Schuschnigg-System, sondern vielmehr in reichlich unbestimmter Weise
Helboks Art des Eingehens auf die (offenbar auch den Benediktinermönch umtreibende) „Rassenfrage“ lobend
hervorgehoben wird („Das Versprechen, das H., ein Hauptführer der Siedlungsgeschichte, schon 1934 in seiner
Schrift „Was ist deutsche Volksgeschichte ?“ […] gegeben hat, löst er in diesem monumentalen, auf gesichertem
wissenschaftlichem Grund ruhenden Werk glänzend ein. Obwohl erst die Hälfte vorliegt, läßt sich klar erken-
nen, daß hier über grundlegende Anregungen hinaus, wahrhaft Neues zur Rassenfrage gegeben wird und wie
die Anlage zeigt, durchaus nicht einseitig“). Diese Abmahnung lässt sich nur so deuten, dass Studentkowski,
der übrigens ein Schüler Hans Freyers gewesen war (Middell, Weltgeschichtsschreibung [Bibl.] 660), mittler-
weile zu einem Feind Helboks geworden war. Dazu hatte neben Helboks vielen, auch immer wieder den ADV
betreffenden, enervierenden Eingaben sicherlich auch noch beigetragen, dass Helbok Ende 1937 als einziges
Mitglied der Fakultät für Willy Andreas als Nachfolger von Erich Brandenburg eingetreten war – gerade jenen
Kandidaten, den Studentkowski unbedingt, selbst noch mehr als den späteren Mitwisser des Attentats vom
20.07.1944 Gerhard Ritter, zu verhindern suchte, vgl. ebd. 687f., v.a. 688 Anm. 83.
486 BAB, NS 15/27, 145.
487 BAB, R 73, 11576.
488 Vgl. Gansohr-Meinel, „Fragen an das Volk“ (Bibl.) 114 ; Schmoll, Vermessung (Bibl.) 119.
489 Wie Anm. 36.
490 Ebd. 14–16.
491 Ebd. 17, 37, 80.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625