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Adolf Helbok (1883–1968) 287
Wopfner596. Nach einem wohl wehmütigen Erinnern an seinen ihm selbst so erfolgreich
scheinenden Auftritt auf dem internationalen Kongress für Volkskunde in Paris im Jahr
1937597 behandelte er hauptsächlich die „Genialen“ Tirols und billigte offenbar die eins-
tige „Auslese […] auch nach der Herkunft der Gesellen –, es ist bezeichnend, daß man bis
tief ins 18. Jahrhundert herunter in verschiedenen Zünften ledige Kinder nicht aufnahm,
auch sonst die soziale Herkunft sehr prüfte und manche als gering angesehene Berufe
gar nicht zum Zuge kommen ließ –, all dies wirkte die Begabungslosen abstoßend. Der
‚Bönhase‘, der Erfolglose im Leben, kam nicht zur Gründung eines Hausstandes. Der
Erfolgreiche hatte die vielen Kinder“598. Zum anderen würdigte er im Juli 1949 seinen
alten Informanten in „Rassenfragen“ Karl Felix Wolff 599 aus Anlass von dessen 70. Ge-
burtstag in der Zeitschrift „Der Schlern“600, freilich ausschließlich in dessen Eigenschaft
als Erforscher der Tiroler Sagenwelt. Vorgestellt wurde der neue Autor den Lesern von
„Der Schlern“ gleich zu Beginn der Notiz wie folgt : „Herr Univ.-Prof. Dr. Adolf Helbok
[…] ist einer der hervorragendsten lebenden Germanisten [sic] ; er hat zuerst an der Uni-
versität Innsbruck, dann an der Universität Berlin gewirkt und weilt gegenwärtig wieder
in Götzens bei Innsbruck.“ 1951 veröffentlichte er dann im Rahmen einer dreibändigen
„Festgabe zur 100-Jahrfeier der Tiroler Handelskammer“ einen Aufsatz „Zur Kulturge-
schichte der Tiroler Gaststätte“601, der gewiss zu den unterhaltsamsten, lesbarsten und
unideologischsten Publikationen Helboks überhaupt gehört. Ein wenig aus dem Rahmen
fallen bloß ein versteckter Lobpreis ländlicher Fremdenfeindlichkeit602 und die willkürli-
596 HelBok, Zur Methodik der Volkscharakterkunde (wie Anm. 462) 101–118 ; vgl. dazu Fehn, Volksgeschichte
im Dritten Reich (Bibl.) 573, 576 ; Hans Trümpy, „Volkscharakter“ und „Rasse“. Zwei fatale Schlagworte
der NS-Volkskunde, in : Volkskunde und Nationalsozialismus (wie Anm. 5) 169–177, hier 174 ; Richard
Weiss, Besprechung von Beiträge zur Volkskunde, in : Schweizerisches Archiv für Volkskunde 46 (1949)
62f., hier 63 : „Gibt aber eine Volkskunde, welche statt mit den ihr eignen Erhebungen (für den Atlas z.B.)
mit den Testergebnissen der Arbeitsämter arbeitet, nicht schliesslich sich selber auf, indem sie zur Sozial- oder
Rassenpsychologie wird ?“
597 Vgl. oben S. 264 mit Anm. 462, 463 ; HelBok, Zur Methodik der Volkscharakterkunde (wie Anm. 462)
102.
598 Ebd. 117.
599 Vgl. oben S. 235 mit Anm. 292.
600 A[dolf] HelBok, Karl Felix Wolff (Bozen), in : Der Schlern 23,7 (Juli 1949) 275f.
601 Ders., Zur Kulturgeschichte der Tiroler Gaststätte, in : Tiroler Wirtschaft in Vergangenheit und Gegenwart.
Festgabe zur 100-Jahrfeier der Tiroler Handelskammer I : Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Tirols, hg. v. Hermann Gerhardinger, Franz Huter (Schlern-Schriften hg. v. R. KleBelsBerg 77, Inns-
bruck 1951) 453–474.
602 Ebd. 464 : „Es gibt da köstliche Episoden, wie die alten Wirte und ihre bäuerlichen Dorfgenossen gelegent-
lich den Fremden empfinden.“ Siehe auch HelBok, Deutsche Geschichte auf rassischer Grundlage (wie
Anm. 36) 77 : „In ‚zurückgebliebenen‘ Bauerngegenden stellte man überrascht die Fremdenfeindlichkeit der
Ortsinsassen fest, ohne zu erkennen, daß hier eben noch die alte Gemeinschaft lebte, in der sich jeder Fremde
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625