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298 Martina Pesditschek
als in Europa allein „der germanische Adel“ „den Ton“ angegeben habe – „Europa über-
zog und bekarrschte [sic] ein unter sich verwandter Adel, überall herrschten die Formen
seines Lebenswesens [sic] und seiner Grundherrschaft.“ „Diese blutsverwandte führende
Oberschicht bestand auch dann, wenn sie sich gegenseitig […] in den Haaren lag. Das
sprach nicht gegen Europa […], denn es waren Machtkämpfe, die jede Verwandtschaft
kennt.“ Was die Zukunft anlangt, so verweist er ausgerechnet auf eine „heute von Frank-
reich kommende Anregung“, einen „gewiß einleuchtenden Vorschlag, die gemeinsamen
indogermanischen Grundlagen in einem europäischen Kartenwerke herauszuarbeiten als
gewiß beste Unterbauung der Bestrebungen, von der Wissenschaft her eine europäische
Union zu schaffen“663.
Dieses Heft 1 der „Klüter Blätter“ stand auch sonst ganz im Zeichen Helboks : Der
Herausgeber Herbert Böhme beglückwünschte ihn zum 80. Geburtstag664, der getreue
Ranzi würdigte sein Leben und Werk auf zweieinhalb Seiten665, und auf der zweiten Um-
schlagseite wurde das – wie die „Klüter Blätter“ selbst ebenfalls im Münchener Türmer
Verlag erschienene – Buch eines Herbert Schweiger (1924–2011)666 mit dem Titel „Wahre
Dein Antlitz. Lebensgesetze, Politik und die Zukunft des deutschen Volkes“ mit dem
Hinweis „Prof. Dr. A. Helbok schreibt : ‚Es ist ein großartiges Buch‘“ beworben667. Zwei
663 Damit bezieht sich Helbok wohl auf Bestrebungen im Dunstkreis des Historikers Dominique Venner (geb.
1935, Tod am 21.05.2013 durch häufig als „Samurai-Tod“ bezeichnete Selbstentleibung vor dem Altar von
Notre-Dame, mit der Venner ein Fanal gegen die in seinen Augen gegenwärtig vorherrschende Dekadenz
setzen wollte) und einem noch blutjungen und eindeutig rechtsextremen Alain de Benoist, vgl. Alain de
Benoist, Mémoire vive. Entretiens avec François Bousquet (Paris 2012) 75–78 ; Michael Böhm, Alain de
Benoist und die Nouvelle Droite. Ein Beitrag zur Ideengeschichte im 20. Jahrhundert (Geschichte 86, Berlin
2008) 89–101 ; Anne-Marie Duranton-CraBol, Visages de la Nouvelle Droite. Le G.R.E.C.E. et son
histoire (Paris 1988) 27f. Helbok scheint auch noch im Alter von 80 Jahren sehr gut über aktuelle Tendenzen
im rechtsextremen Milieu Frankreichs informiert gewesen zu sein.
664 „Mögen ihm Schaffenskraft, Frohsinn und Lebensmut nicht erlahmen, daß er die Wiederfindung der Deut-
schen zu ihrem Volktum […] im deutschen Kulturwerk miterlebe, wie sie in beglückender Weise im Gange
ist, damit der Heimatraum des großen deutschen Volkes, das Reich seines Geistes und seiner Kultur, und
somit auch Europa, wieder gesunde“, so in : Klüter Blätter. Deutsche Sammlung 13,1 (Lochham b. München
1963) 1.
665 Ranzi, Adolf Helbok 80 Jahre alt (Bibl.).
666 Schweiger trat mit 17 Jahren freiwillig der Waffen-SS bei, und sein jugendlicher Überschwang scheint nach
1945 unvermittelt in Altersstarrsinn übergegangen zu sein : Der Holocaust-Leugner wurde noch im Alter von
87 Jahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu sieben Monaten unbedingter Haft verurteilt,
vgl. http://derstandard.at/1271374913533/Wiederbetaetigung-87-Jaehriger-zu-21-Monaten-teilbedingt-
verurteilt.
667 In „Wahre Dein Antlitz“ spielen „die“ Juden, wenn ich recht sehe, allerdings – so wie bei Helbok – keine
Rolle. Schweiger teilt hier mit Helbok nicht nur zahlreiche politische Ansichten (so tritt er 104 für Apartheid
zwischen Schwarz und Weiß sowie 138f. für ein Vereintes Europa notabene in Form eines „unkündbaren
europäischen Staatenbundes“ ein), sondern auch einen gewöhnungsbedürftigen Stil („Die Naturwissenschaft
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625