Page - 325 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Camillo Praschniker (1884–1949) 325
und Schober konnten am 31. Oktober 1916 zu einer zweiten, nur vom Ministerium für
Cultus und Unterricht organisierten Reise nach Nordalbanien und Montenegro aufbre-
chen. Ziel war es vor allem, Orte aufzusuchen, die man auf der ersten Expedition nicht
oder nur kurz hatte untersuchen können. Die einsetzende Regenzeit machte aber viele
Wege unpassierbar und führte letztlich zur vorzeitigen Heimreise. Praschniker kehrte im
Dezember 1916 von seiner zweiten Albanienreise nach Wien zurück und konnte sich, da
der Ersatzkörper seines Regiments dort stationiert war, von Januar bis April 1917 zusam-
men mit Schober der Ausarbeitung der Expeditionsergebnisse widmen64. Die Ergebnisse
dieser beiden Reisen des Jahres 1916 wurden bereits 1919 publiziert65.
Im November 1917 wurde Praschniker wiederum nach Albanien entsandt, offiziell
unterstand er dabei einer neugeschaffenen Orientabteilung im Kriegsministerium. Seine
Aufgabe bestand darin, die im Land verstreuten und nun vom Krieg bedrohten klassischen
Antiken aufzunehmen, Schutzmaßnahmen zu veranlassen, aber auch eigene Ausgrabun-
gen vorzunehmen66. Ende November traf Praschniker bei der 14. Gebirgsbrigade ein67.
Ende Dezember erkrankte er jedoch an Malaria, was eine mehrwöchige Unterbrechung
der Arbeit zur Folge hatte68. Die Forschungen erstreckten sich auf die teilweise sump-
fige Tiefebene der Muzakhia und das südlich anschließende Bergland der Malakastra. In
Zusammenarbeit mit Oberstleutnant Georg Veith69, dem Kommandanten der Vojussa-
Front, nahm er in diesem Winter 1917/18 antike Denkmäler des mittleren und nördli-
chen Albanien auf und brachte einen Teil davon nach Durres/Durazzo, wo die Stücke den
Grundstock eines albanischen Antikenmuseums bilden sollten. Im Frühjahr und Sommer
64 Marchetti, Balkanexpedition (wie Anm. 55) 224.
65 Arnold SchoBer, Vorläufiger Bericht über eine archäologische Forschungsreise nach Albanien und Montene-
gro (Akademie der Wissenschaften Wien, Balkan-Kommission, Antiquarische Abteilung, Wien 1916) 3–10 ;
Praschniker, SchoBer, Forschungen (wie Anm. 63).
66 ÖStA, KA, Kriegsministerium, Internakten, Orientabteilung, Kt. 129, Nr. 2268 (?) (Die korrekte Aktenzahl
zu diesem Bericht ist unklar ; Marchetti, Balkanexpedition [wie Anm. 55] 173, Anm. 81, zitiert Nr. 4162),
Tätigkeitsbericht der Orientabteilung des k. u. k. Kriegsministeriums über das Jahr 1917, Seite 35 (zu Gruppe
IV : Serbien, Montenegro und Albanien) : Der Denkmäler-Vorrat in Albanien und Montenegro hat schon vor dem
Weltkriege durch das Unverständnis der Landesbewohner und durch die Wirren, welche unserer Okkupation voran-
gingen, stark gelitten ; es wurden Antiken zerstört und verschleppt. Um den noch immerhin ansehnlichen Bestand an
Altertümern zu erhalten, wurde Lt. Dr. Camillo Praschniker nach Albanien kommandiert, um vom Standorte Fieri
die im zerschossenen Kloster Fieri eingemauert gewesenen antiken Kunstdenkmäler zu bergen, einen Kataster der auf
albanischem Boden befindlichen Altertümer aufzunehmen, sowie um Ausgrabungen und Schürfungen vorzunehmen
(O.A. 3844). Ein Bericht des Lt. Praschniker über seine Tätigkeit liegt vor (O.A. 2939). – Leider ist es mir bisher
nicht gelungen, diesen Bericht Praschnikers ausfindig zu machen.
67 AÖAI, Personalakten, Zl. 379/1917 :VII.
68 ÖStA, AVA, Unterricht Allg., Fasz. 665, Zl. 44329/1917 : Leutnant Dr. Praschniker, Erkrankung an Malaria
tropica.
69 Zu Veith siehe Gernot Sattler, Oberst Georg Veith (1875–1925) (ungedr. Dipl. Wien 1991).
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625