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332 Gudrun Wlach
Da die Quellen zu Praschnikers Prager Zeit spärlich sind104, sei hier der entsprechende
Abschnitt aus seinem Lebenslauf von 1941 vorangestellt105 : 1923 wurde ich, nachdem ich
kurz vorher 1922 in Wien den Titel eines a.o. Professors erhalten hatte, zum o. Professor der
deutschen Universität in Prag ernannt. Ich bin dort bis März 1930 tätig gewesen, im Winter-
semester 1929/30 als Dekan der philosophischen Fakultät. Da ich meine Familie in Wien lassen
musste – meine Frau war beruflich dort gebunden -, war es mir nicht leicht, mich in Prag
einzuleben, obwohl ich schliesslich doch nicht leichten Herzens von dort Abschied genommen
habe. Es war ein ganz eigentümliches Leben, das den Lehrkörper der deutschen Universität
und die deutschen Einwohner Prags wie auf einer kleinen Insel im tschechischen Meere umso
enger zusammenschloss. Ich habe gerne an dem regen geistigen Leben der kleinen Gemeinschaft
teilgenommen und liebe Freunde erworben. Besondere Freundschaft verband mich bald mit
Hans Hirsch. In Prag fand ich ein von meinem Vorgänger W. Klein gut ausgestattetes Institut
mit einem reichen, allerdings magazinmässig aufgestellten Museum mit vom Prager Russ sehr
verschmutzten Gipsen vor. Der Umbau des Clementinums hatte zunächst eine den Unter-
richtsbetrieb sehr behindernde Magazinierung derselben zur Folge, ermöglichte mir aber dann
die Reinigung und Neuaufstellung der Sammlung, die viel Beifall gefunden hat und mit einem
kleinen Fest, zu dem ich fast die ganze Fakultät eingeladen hatte, eröffnet wurde. Ich kann
mich überhaupt nicht darüber beklagen, dass das tschechoslovakische Unterrichtsministerium
mich in meinen Anforderungen für den wissenschaftlichen Betrieb des Institutes und in meinen
eigenen Arbeiten nicht in entgegenkommender Weise unterstützte hätte. So hat es auch meine
Athener Arbeiten durch Urlaubsbewilligungen und Geldmittel gefördert, das zweite Mal auf
besondere Weisung des Präsidenten Masaryk, den ich einmal auf einer Reise in Griechenland
geführt habe. Damit konnte ich 1925 endlich meine Metopenarbeit fortsetzen und 1926 erst in
Athen und dann bei einem abermaligen Aufenthalt in London und in Paris fördern und bei
dieser Gelegenheit auch die noch fehlenden Metopen der Westseite untersuchen und zeichnen.
1928 erschienen meine Parthenonstudien. In Prag konnte ich auch meine Akroterarbeit fort-
setzen und 1929 die Studien zur Geschichte des Akroters herausgeben.
Praschnikers Wirken als Universitätslehrer scheint in Prag nicht sehr nachhaltig ge-
wesen zu sein106 – vielleicht entsteht dieser Eindruck aber auch aufgrund der spärlichen
104 Laut Auskunft des Archivs der Karlsuniversität in Prag gibt es nur wenige Dokumente im Bestand der
Philosophischen Fakultät der Deutschen Universität in Prag (E-Mail-Nachricht von Jana Ratajová vom
16.01.2007). Auch im Institut für Klassische Archäologie der Universität Prag gibt es nur wenige Doku-
mente. Diese betreffen Unterlagen über die Gipssammlung, die aus den Sondermitteln von Masaryk restau-
riert wurde und die Übergabe der Sammlung an Gotsmich. Die meisten Archivalien der Deutschen Univer-
sität seien am Ende des Krieges verloren gegangen (E-Mail-Auskunft von Jan Bouzek vom 16.09.2006).
105 UAW, PA Praschniker 2933, fol. 123–124.
106 Im Gegensatz dazu siehe aber UAJ, BA 931 : Denominationsbericht der Philosophischen Fakultät für die
Professur der Archäologie, Jena, 22.01.1929 : P. ist eine aussergewöhnlich angenehme und liebenswürdige Per-
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625