Page - 334 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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334 Gudrun Wlach
Jahren von Alois Gotsmich115 beerbt – hatte wohl manches mit [Max] Dvořák116 gemein,
unbeschadet seiner näheren, im Wiener Institut Bormanns und Reischs geschulten Fach-
methoden. Die immer aufgabenreichere Prähistorie gewann in dem so detailtüchtigen wie
morphologisch weitblickenden Österreicher Leonhard Franz117 einen entdeckungsfrohen
Initiator.“ Bezüglich Praschnikers Ausbildung irrte sich Cysarz. Praschnikers Fachmetho-
den sind nicht in erster Linie im Wiener Institut Bormanns und Reischs geschult worden,
sondern in Innsbruck bei Schrader und Winter. Interessant und auffallend sind gewisse
Parallelen zwischen Praschniker und Cysarz in ihren Selbstdarstellungen, als sie während
der NS-Zeit politisch unter Druck gerieten sowie in ihren Rechtfertigungen in der Nach-
kriegszeit118.
In seinem Lebenslauf von 1941 nannte Praschniker als Kontakte zu anderen Kollegen
der Deutschen Universität lediglich Hans Hirsch119 und sparte damit die Althistoriker
Arthur Stein120 und Victor Ehrenberg aus121. Kontakte zwischen Deutscher und Tschechi-
z.B. Cysarz, Erinnerungen, 88 : „Und überall gähnten Hintergründe des Ostens, die bis Samarkand und
Krassnojarsk reichen konnten.“. Siehe auch : Peter Becher, Herbert Cysarz (1896–1985) Germanist. Seine
Prager Universitätsjahre, in : Prager Professoren 1938–1948. Zwischen Wissenschaft und Politik, hg. v. Mo-
nika Glettler, Alena Míšková (Veröff. zur Kultur und Geschichte im östlichen Europa 17, Essen 2001)
277–297 ; Klaus Wachtel, Arthur Stein (1871–1950) und Edmund Groag (1873–1945). Zwei jüdische
Gelehrtenschicksale in Wien und Prag, in : Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–
1945, Bd. 2, hg. v. Karel Hruza (Wien/Köln/Weimar 2012) 129–167, hier 146, Anm. 112.
115 Gotsmich habilitierte sich 1930 bei Praschniker und hatte nach Praschnikers Wechsel nach Jena und Wien
die Lehrstuhlvertretung inne. Von 1935–1945 war er Lehrkanzelinhaber in Prag. Siehe Wolfgang Schiering
(nach Gerhard Pfohl), Alois Gotsmich 1895–1974, in : Archäologenbildnisse, 266f.
116 Dvořák (1874–1921) war Historiker und Kunsthistoriker, Generalkonservator der Zentralkommission für
Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale in Wien, Verfasser des 1916 erschienenen
„Katechismus der Denkmalpflege“. Hans Aurenhammer, Max Dvořák (1874–1921), Von der historischen
Quellenkritik zur Kunstgeschichte als Geistesgeschichte, in : Österreichische Historiker 2, hg. Hruza (wie
Anm. 114) 169–200.
117 Der Prähistoriker Franz (1895–1974) war 1929–1936 Professor in Prag, 1939–1942 in Leipzig, 1942–1946
in Innsbruck ; 1946 wurde er enthoben ; 1950 neuerlich zum außerordentlichen, 1957 zum ordentlichen
Professor ernannt. Siehe Fellner, Corradini, Geschichtswissenschaft (wie Anm. 19) 129 ; Brückler,
Nimeth, Personenlexikon (wie Anm. 21) 71.
118 Siehe Becher, Cysarz (wie Anm. 114) 296f.; zu Praschniker siehe unten Kap. 6.6 und 7.
119 Andreas Zajic, Hans Hirsch (1878–1940). Historiker und Wissenschaftsorganisator zwischen Urkunden-
und Volkstumsforschung, in : Österreichische Historiker 1900–1945. Lebensläufe und Karrieren in Öster-
reich, Deutschland und der Tschechoslowakei in wissenschaftsgeschichtlichen Porträts, hg. v. Karel Hruza
(Wien/Köln/Weimar 2008) 307–417.
120 Wachtel, Stein und Groag (wie Anm. 114). Stein (1871–1950) lehrte von 1918 bis 1938 Alte Geschichte
in Prag, 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert. Er überlebte das Lager, aus dem er im Mai 1945 be-
freit wurde.
121 Ehrenberg (1891–1976) wurde 1929 auf den althistorischen Lehrstuhl der Universität Prag berufen ; im
Februar 1939 emigrierte er mit seiner Familie nach England.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625