Page - 338 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Image of the Page - 338 -
Text of the Page - 338 -
338 Gudrun Wlach
Am 1. Dezember 1929 informierte Praschniker den Dekan in Jena, dass ihm in einem
vor wenigen Tagen eingetroffenen Brief des Wiener Unterrichtsministeriums die durch
die Pensionierung Löwys freigewordene Lehrkanzel angeboten worden sei137. Im Februar
1930138 berichtete er dem Dekan wieder über die Verhandlungen mit Wien. Er könne im
Februar nur kurz nach Jena kommen, würde aber im Sommersemester 1930 auf jeden Fall
in Jena lesen. Im April 1930 teilte er mit, dass er nun den Ruf nach Wien angenommen
habe, und dass er um Entpflichtung für den 1. Oktober 1930 ansuchen werde139. Die Ent-
lassungsurkunde Praschnikers datiert mit 8. Mai 1930 : Er wird mit 30. September aus dem
Verband der Thüringischen Landesuniversität Jena entlassen140. Praschniker war in Jena
dann auch in der Kommission vertreten, die eine Vorschlagsliste für die Neubesetzung der
archäologischen Lehrkanzel erstellen sollte141. Um Praschnikers Nachfolge bemühte sich
auch sein Freund Arnold Schober in Wien und bat ihn dabei um Unterstützung. Schober
versuchte auch über seine Beziehungen zu Nationalsozialisten an aussichtsreicher Stelle in
den Vorschlag zu kommen142. Er kam schließlich an zweiter Stelle gemeinsam mit Ger-
hard Krahmer143 in den Vorschlag, berufen wurde aber Ernst Langlotz144. Zur politischen
Situation und Grundstimmung an der Universität Jena145 ist zu sagen, dass in Thüringen
am 23. Januar 1930 mit Wilhelm Frick146 als Innen- und Volksbildungsminister der erste
nationalsozialistische Minister Deutschlands bestellt wurde.
137 UAJ, M 631, fol. 494 : Praschniker an Dekan Jena, Prag, 01.12.1929.
138 Ebd. Praschniker an Dekan Jena, Prag, 06.02.1930.
139 Ebd. fol. 496 : Praschniker an Dekan Jena, Wien, 07.04.1930.
140 Ebd. fol. 498 : Entlassungsurkunde für Praschniker : IV C I P. 23/30 : Weimar, 08.05.1930.
141 UAJ, BA 931, fol. 149–155 : Vorschlagsbericht für die Wiederbesetzung der durch den Weggang von Prof.
Praschniker erledigten Lehrstelle für Archäologie, 28.07.1930. Siehe auch AÖAI, Personalia Schober.
142 Gudrun Wlach, Arnold Schober – Leben und Werk, in : Akten des 14. Österreichischen Archäologenta-
ges von 19.–21. April 2012 an der Karl-Franzens-Universität Graz, hg. v. Elisabeth Trinkl (Wien 2014)
457–470, hier 459.
143 Werner Fuchs, Gerhard Krahmer 1890–1931, in : Archäologenbildnisse, 254f.
144 Adolf H. BorBein, Ernst Langlotz 1895–1978, in : Archäologenbildnisse, 268f.
145 Zur Universität Jena während der NS-Zeit siehe „Kämpferische Wissenschaft“. Studien zur Universität Jena
im Nationalsozialismus, hg. v. Uwe Hossfeld, Jürgen John, Oliver Lemuth, Rüdiger Stutz (Köln/Wei-
mar/Wien 2003). Der Band enthält keinen Beitrag über die Klassische Archäologie, wohl aber über die Ur-
und Frühgeschichte : Roman GraBolle, Uwe Hossfeld, Klaus Schmidt, Ur- und Frühgeschichte in Jena
1930–1945 : Lehren, Forschen und Graben für Germanien ?, in : Ebd. 868–912. Zur Klassischen Archäologie
in Jena in der Nachkriegszeit siehe Hadwiga Schörner, Die Geschichte des Faches Klassische Archäologie
an der Universität Jena von 1945 bis 1990, in : Hochschule im Sozialismus. Studien zur Geschichte der
Friedrich-Schiller-Universität Jena (1945–1990) 2, hg. v. Uwe Hossfeld, Tobias Kaiser, Heinz Mestrup
unter Mitarbeit von Horst Neuper (Köln/Weimar/Wien 2007) 1816–1847.
146 Frick (1877–1946) war 1933–1943 Reichsinnenminister und wurde 1946 in Nürnberg hingerichtet : Gün-
ter NeliBa, Wilhelm Frick – Reichsinnenminister und Rassist, in : Die braune Elite II. 21 weitere biogra-
phische Skizzen, hg. v. Ronald Smelser, Enrico Syring, Rainer Zitelmann (Darmstadt 1993) 80–90 ;
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625