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340 Gudrun Wlach
der zweiten Lehrkanzel – und schlug für die Professur Praschniker vor151. Dekan Othenio
Abel berichtete im Juli an das Bundesministerium für Unterricht, dass Praschniker unico
loco als Extraordinarius mit dem Titel eines Ordinarius in Vorschlag gebracht worden
war152. Im Oktober antwortete das Ministerium, dass die Wiederbesetzung der Lehrstelle
Löwy durch Praschniker wegen der bekannten Lage der Bundesfinanzen abgelehnt wor-
den sei153. Im Januar 1929 trat Dekan Oswald Menghin neuerlich mit dem dringenden
Wunsch an das Ministerium heran, Praschniker aus Prag an die Fakultät zu berufen. Sollte
diese Berufung nicht in Aussicht genommen werden, stelle man den Antrag auf Erteilung
eines Lehrauftrages an Schober154. Ende des Jahres 1929 konnte die Nachbesetzung der
zweiten archäologischen Lehrkanzel mit der Berufung Praschnikers doch durchgesetzt
werden. Es ist also der Wiener Fakultät das Wunder gelungen, dem Finanzministerium eine
schon kassierte Lehrkanzel wieder zu entreißen, schrieb Praschniker am 1. Dezember 1929
an den Dekan in Jena155. Am 8. Juli 1930 sandte Rektor Wenzel Gleispach die Abschrift
des Ministeriums betreffend die Ernennung Praschnikers zum außerordentlichen Profes-
sor für Klassische Archäologie mit Rechtswirksamkeit 1. Oktober an den Dekan156. Ende
September 1930 bezog Praschniker ein Arbeitszimmer in der Liebiggasse 5 im 1. Wiener
Gemeindebezirk157, privat übersiedelte er Ende Oktober von der Ferrogasse 42 im 18.
Bezirk mit seiner Familie in die Liechtensteinstraße 57 im 9. Bezirk.
Praschniker war also Extraordinarius neben dem Ordinarius Reisch, hatte allerdings be-
reits die Zusage auf das Ordinariat nach Reisch. Seine Vorlesungen, bei denen er nach seiner
Darstellung in der Auswahl […] durch die Rücksicht auf Reisch sehr eingeschränkt war158, ver-
legte er vor allem in die Museen zu den Originalen. Aus einer Vorlesung über das Monument
von Gjölbaschi-Trysa entstand ein größerer Aufsatz über die seit 1882 im Wiener Kunsthis-
torischen Museum befindlichen Reliefs von der Umfassungsmauer dieses Heroons159. Ein
151 Ebd. fol. 51–57 : Kommissionsbericht Reisch, 06.07.1928.
152 Ebd. fol. 61 : Abel an BMU, 12.7.1928. Der Kommission gehörten an : Arnim, Hirsch, Kretschmer, Reisch,
Kubitschek, Loewy, Menghin, Meister, Much, Patsch, Radermacher, Schlosser, Strzygowski, Wilhelm und
Pfalz.
153 Ebd. fol. 49 : BMU an phil. Dekanat Wien, 10.10.1928, Zl. 22440-I/2.
154 UAW, PA Schober, fol. 25 : Menghin (DZ 374) an BMU, Wien, 28.01.29 (handschriftlich) : In der Anlage :
Vorlage des Kommissionsberichts, Wunsch nach Berufung Praschniker bzw. Lehrauftrag für Schober.
155 UAJ, M 631, Praschniker an Dekan, Prag, 01.12.1929.
156 UAW, PA Praschniker 2933, fol. 65 : Rektor Gleispach an phil. Dekan Jäger, 08.07.1930 : Ernennung Prasch-
niker mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 28.05.1930, mit Rechtswirksamkeit 01.10.1930.
157 Praschniker übernahm hier das Arbeitszimmer des Historikers Alfred F. Přibram, der mit Oktober 1930 in
den Ruhestand trat (ÖStA, AVA, Unterricht Allg., Fasz. 627, Zl. 12460-I/2/1930 : Dekan Jäger an BMU,
28.03.1930). In der Liebiggasse 5 war außerdem von 1925–1934 der Sitz des ÖAI.
158 UAW, PA Praschniker 2933, fol. 125.
159 Camillo Praschniker, Zu den Friesen des Heroons von Gjölbaschi-Trysa, in : ÖJh 28 (1933) 1–40.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625