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362 Gudrun Wlach
Universität eine sehr starke Belastung. Immerhin sind auch in den letzten zwei Jahren zwei
grössere Arbeiten gut vorwärts gekommen : Die Vorbereitung der Publikation des Mausoleums
in Belevi für die Forschungen in Ephesos ist weit gefördert worden. Andererseits habe ich in
stärkerem Masse mein Interesse den Denkmälern des heimischen Bodens zugewendet, mehrere
mit diesen sich beschäftigende kleinere Aufsätze herausgebracht. Ferner arbeite ich seit einem
Jahre an der Veröffentlichung der in den Jahren 1899–1908 von E. Nowotny ausgegrabenen
und nicht veröffentlichten Thermen von Virunum und ihren reichen Funden an Skulpturen
und Malerei279. In einem 1946 publizierten, aber bereits 1944 fertiggestellten Artikel äu-
ßerte sich Praschniker ungewöhnlich ausführlich über „rassische Merkmale“ eines Kopfes
„dinarischer Rasse“, den er als Daker bezeichnete280. In den archäologisch-kunsthistori-
schen Arbeiten Praschnikers lassen sich sonst keine einschlägigen Tendenzen feststellen,
weder im Bereich der klassischen Antike noch bei den Arbeiten zur provinzialrömischen
Skulptur.
6.5 Kollegen, private und wissenschaftliche Korrespondenzen
Der Großteil der mir bekannten Briefe Praschnikers sind amtliche oder sachlich-wissen-
schaftliche Schreiben, in denen sich persönliche Äußerungen nur selten finden. Ausnah-
men diesbezüglich sind die Briefe an Schrader, in denen er neben wissenschaftlichem
Austausch auch persönliche, die Familie betreffende Mitteilungen macht oder auch Be-
merkungen über Kollegen formuliert. Ein Schreiben von Walther Kolbe281 an Praschniker
im Juni 1936, in dem dieser um einen Rat betreffend die Neubesetzung der archäolo-
gischen Lehrkanzel in Freiburg (Nachfolge Hans Dragendorff) bat, lässt vermuten, dass
Praschniker kein begeisterter Briefeschreiber war282 : Nun ich Ihre Abneigung gegen das
Briefeschreiben kenne, würde ich es nicht wagen Ihre Ruhe zu stören, wenn es nicht um etwas
Wichtiges ginge. Persönliche Äußerungen sind einem Schreiben an Karl Anton Neuge-
bauer283 zu entnehmen, in welchem Praschniker auf eine Vortragseinladung der Verei-
nigung der Freunde antiker Kunst in Berlin antwortete : Er schlug zwar Themen vor,
279 Praschniker, Kenner, Bäderbezirk (wie Anm. 187) ; siehe oben Kap. 5.
280 Camillo Praschniker, Ein Barbarenkopf vom Balkan, in : ÖJh 36 (1946) 77–81, hier 80 : „[…] die ras-
sische Kennzeichnung […] zeigt typische Merkmale dinarischer Rasse und stellt sich […] neben gesicherte
Darstellungen des dakischen Volkes, etwa die der Trajanssäule. […] so hat der Meister, der unseren Kopf ge-
schaffen hat, ihn über die rassische Charakterisierung hinaus mit dem Geiste belebt, der sein Volk im Kampf
gegen Rom erfüllte.“
281 Walther Kolbe (1876–1943) war Ordinarius für Alte Geschichte in Freiburg im Breisgau.
282 AÖAI, Personalia Schober, Kolbe an Praschniker betr. Nachfolge Dragendorff, 06.06.1936.
283 Elisabeth Rohde, Karl Anton Neugebauer 1886–1945, in : Archäologenbildnisse, 238f.; Gerhard Zimmer,
Neugebauer, Karl Anton, in : NDB 19 (1999) 120f.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625