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364 Gudrun Wlach
mehrmals Schüler nach Berlin geschickt. 1935 war ich auf seine Einladung in Lemberg, habe
dort einen Vortrag gehalten und bin sehr freundlich aufgenommen worden. Er pflegte in Athen
die Beziehungen zu Italien und war Vorsitzender eines solchen Vereins. Es ist sehr fraglich, ob
etwas für ihn geschehen kann. Auf jeden Fall möchte ich zumindest bei Ihnen anfragen, wie Sie
über einen etwaigen Schritt denken. Vielleicht wissen Sie über die gesamte Haltung Bulandas
Näheres. Praschniker antwortete am 13. September 1940291 : […] das Schicksal, das Bulanda
getroffen hat, geht mir sehr nahe und ich habe mit Egger überlegt, was wir da tun könnten. Ich
wende mich gleichzeitig an eine uns beiden bekannte hochstehende Persönlichkeit im General-
gouvernement um von dieser vielleicht Hinweise über einschlagendes [sic] Vorgehen zu erhalten
und werde Sie nach Eintreffen der Antwort gleich benachrichtigen. Ich kenne Bulanda ebenfalls
von seiner Stipendiatenzeit her, habe allerdings nach dem Weltkriege die Verbindung bis auf
einige gewechselte Sonderdrucke verloren. Ich will hoffen, dass er politisch nicht als Gegner her-
vorgetreten ist, nehme das allerdings, sowie ich ihn in Erinnerung habe, kaum an.
Die hochstehende Persönlichkeit im Generalgouvernement war Ferdinand Wolsegger292
in Krakau, an den Praschniker am 17. September 1940 in der Angelegenheit Bulanda
schrieb293. Er bat Wolsegger um Auskunft darüber, ob für Bulanda grundsätzlich etwas
getan werden könne und über das eventuell einzuschlagende Verfahren, erhielt aber of-
fenbar keine Antwort.
Im Zusammenhang mit dem sogenannten „Einsatz der Geisteswissenschaften“294 ant-
wortete Rodenwaldt, der Anfang Oktober 1940 an einer ersten Vorbesprechung der Fach-
gruppe Altertumswissenschaften teilgenommen hatte, im Auftrag Schedes auf eine An-
frage von Praschniker295. Dieser hatte Schede um Auskunft über diese neue Organisation
gebeten. Praschniker bedankte sich für Rodenwaldts Bericht und nahm dabei auch auf
die „Angelegenheit Bulanda“ Bezug296 : Er habe noch keine Antwort von seinem Gewährs-
mann beim General Gouvernement erhalten. Ich erfuhr jedoch von anderer Seite, dass leider
solche Fälle recht aussichtslos seien.
291 Ebd. Praschniker an Rodenwaldt 13.09.1940 (maschinenschriftlicher Durchschlag).
292 Zu Wolsegger (1880–1959), von Oktober 1939 bis Juni 1942 im Generalgouvernement eingesetzt, siehe
Klee, Personenlexikon (wie Anm. 146) 686 ; Hermann Braumüller, Nachruf : Ferdingand Wolsegger †,
in : Carinthia I 149 (1959) 307–311. Dieser Nachruf geht vor allem auf Wolseggers Abstammung („aus rein-
deutscher Familie“) und auf seine Tätigkeit in Kärnten ein, nicht aber auf seine Zeit in Krakau.
293 AÖAI, Akten 1940/41, Tgb. 212/40_16-01 : Praschniker an Wolsegger 17.09.1940.
294 Siehe auch Wlach, Klassische Archäologie (wie Anm. 183) 367.
295 AÖAI, Akten 1940/41, Tgb. 266/40_16-01 : Rodenwaldt an Praschniker, 12.10.1940.
296 Ebd. Praschniker an Rodenwaldt, 31.10.1940.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625