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Camillo Praschniker (1884–1949) 377
hat meiner Zusammenarbeit mit ihm in seinem Buch „Der Feldzug von Dyrrhachium“ sehr
anerkennend gedacht. Nach Beendigung des Krieges nahm ich meine Vorlesungstätigkeit an der
Wiener Universität auf. 1923 folgte ich einem Rufe als o. Professor an die deutsche Universität in
Prag, war dort 1929/30 Dekan der philosophischen Fakultät, ging 1930 nach Jena und noch im
selben Jahre an die Wiener Universität, der ich seitdem angehöre. Seit 1935 führte ich ausserdem
ehrenamtlich die Direktion des Oesterr. Arch. Instituts, von 1939 an die der Zweigstelle Wien des
Arch. Instituts des Deutschen Reiches. Ich bin o. Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaf-
ten, k. Mitglied der deutschen Akademie der Wissenschaften in Prag, Ehrenmitglied des Rates der
griechischen archaeologischen Gesellschaft in Athen, o. Mitglied des Arch. Instituts des Deutschen
Reiches. Wenn ich diese letzteren Tatsachen anführe, so geschieht dies lediglich, um damit ganz
kurz herauszustellen, dass meine Arbeiten auf dem Gebiete meiner Wissenschaft Anerkennung
gefunden haben. Ich habe allerdings äussere Ehren nie gesucht. Viel mehr wert war mir die Hoch-
schätzung, welche mir meine jungen Hörer im ganzen Ablauf meiner akademischen Tätigkeit ent-
gegengebracht haben. Ich weiss nicht, ob ich ein guter Lehrer gewesen bin, ein beliebter jedenfalls.
Und ich weiss, dass die Studentenschaft in mir auch immer den deutschen Lehrer anerkannt und
geachtet hat. Ich habe immer getrachtet, meinen Hörern die antike Kunst als Deutschen nahe zu
bringen und ihnen auch bewusst zu machen, warum diese dem deutschen Menschen so besonders
nahesteht. Schon im Jahre 1921 habe ich, wie ich hervorheben darf, wohl als erster in meiner
Wissenschaft, die Kunstübung eines Volkes als Funktion seiner Rasse und seines Blutes erklärt und
versucht diesen Gedanken für die komplizierten Vorgänge der frühgriechischen Kunstentwick-
lung auszuwerten. Meine nationale Haltung ist auch während der Systemzeit immer eindeutig
ausgesprochen und als solche anerkannt gewesen. Meine Einstellung zur NSDAP habe ich durch
Beiträge und dadurch bekundet, dass ich Studierende, deren nationalsozialistische Einstellung
bekannt war und die deshalb Schwierigkeiten bei ihrem Studium zu erwarten hatten, förderte.
Um einen bekannten Namen anzuführen : die Familie des verstorbenen Polizeipraesidenten von
Wien Steinhäusel kann dies bezeugen.
Ich bin seit 10.3.1914 mit Alexandra Toldt verheiratet. Sie ist rein arischer Abkunft, ent-
stammt einem alten Tiroler Geschlecht, das seinen Stammbaum in geschlossener Linie bis 1510
zurückführen kann. Sie hat mir drei Kinder geboren, von denen zwei Mädchen am Leben
blieben.
Ich möchte nur die im Vorhergehenden angeführten Tatsachen wirken lassen, ohne mehr
Worte zu machen. Es erscheint mir heute noch untragbar, aus einer Gemeinschaft gestossen zu
werden, der ich seit meiner Jugendzeit angehörte, untragbar, dass das Grossdeutsche Reich, für
mich keinen Arbeitsplatz mehr hat. Ich fühle mich heute noch im Besitz einer ungeschmälerten
Arbeitskraft und Einsatzfreudigkeit und glaube, in meiner Wissenschaft noch etwas leisten und
noch vielen jungen Menschen etwas mitgeben zu können.
Mein Führer, Sie können sich nicht vorstellen, wie peinlich es mir ist, mich selbst hervor-
streichen zu müssen. Es geschieht zum ersten Mal in meinem Dasein. Doch in diesem Falle
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625