Page - 383 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Balduin Saria (1893–1974) 383
Zeugnisse der Vergangenheit regten die Phantasie des neugierigen jungen Mannes an und
führten ihn auf den Weg seiner späteren beruflichen Laufbahn.
In Sarias Jugend wurde in und um Pettau eine Reihe wichtiger archäologischer Funde
bekannt, die auch in der breiten Öffentlichkeit großes Interesse weckten. Ende des 19.
Jahrhunderts entdeckte der Grazer Archäologe Wilhelm Gurlitt in Unterhaidin (Spodnja
Hajdina) am rechten Drauufer eine der persischen Gottheit Mithra geweihte Kultstätte.
Die lokale Presse schrieb mit großer Begeisterung über seine Arbeit und berichtete aus-
führlich über die entdeckten Artefakte. In öffentlichen Vorlesungen bemühte sich auch
Gurlitt selbst um die Popularisierung der Funde14. Unweit davon entdeckte Gurlitt drei
Jahre später ein weiteres Mithräum. Die Pettauer Zeitung schrieb 1901 enthusiastisch,
dass „die Ausgrabungen in Pettau großes Interesse erregt haben, viele Besucher fanden
sich am Grabungsplatze ein und Herr Professor Gurlitt gab Jedermann in bereitwilligster
und liebenswürdigster Weise die nöthigen Aufklärungen“15. Sehr aktiv war auch der 1893
gegründete Pettauer Musealverein. In den ersten Jahren nach der Gründung beteiligten
sich an den Ausgrabungen die Laienarchäologen Franz Ferk16, Martin Vnuk und Vinzenz
Kohaut, ab 1905 übernahm die Leitung der Ausgrabungen Viktor Skrabar, Konservator
der Zentralkommission für die Erhaltung und Erforschung der Denkmale und korrespon-
dierendes Mitglied des Österreichischen Archäologischen Instituts17. Nach 1911 führte
auch das Österreichische Archäologische Institut mit einem von Dr. Mihovil Abramić
geleiteten Team Ausgrabungen durch. In den zwei Jahrzehnten von 1893 bis zu Sarias
Immatrikulation an der Wiener Universität im Jahr 1912 fand in Pettau und Umgebung
jedes Jahr mindestens eine größere Ausgrabung statt oder man stieß zufällig auf neue
Funde18. Parallel zu archäologischen Forschungen entstanden in Pettau allmählich Ein-
14 Siehe Berichte über Gurlitts Ausgrabungen in : Pettauer Zeitung Jg. 9, Nr. 42 (24.10.1898) 3, Pettauer Zei-
tung Jg. 9, Nr. 43 (17.10.1898) 3, Pettauer Zeitung Jg. 10, Nr. 30 (23.07.1899) 4. Eine Ankündigung Gur-
litts Vortrag in : Pettauer Zeitung Jg. 10, Nr. 19 (07.05.1899) 3.
15 Pettauer Zeitung Jg. 12, Nr. 42 (20.10.1901) 2.
16 Über Ferk vgl. Maja Godina Golija, Franc Ferk in njegov pomen za muzejsko in narodopisno dejavnost
na slovenskem Štajerskem [Franc Ferk und seine Bedeutung musealen und volkskundlichen Tätigkeit in der
Untersteiermark], in : Traditiones 35 (2006) 207–218. Art. „Ferk, Franz“ in : ÖBL 1 (Wien 1957) 302. France
Kotnik, Art. „Ferk, Franc“, in : SBL 2, hg. v. Izidor Cankar (Ljubljana 1926) 176–177.
17 Auch der Fachöffentlichkeit berichteten sie regelmäßig über ihre Ausgrabungen, z.B. Vinzenz Kohaut, Mitt-
heilungen über Ausgrabungen von Poetovium im Jahre 1897, in : Mittheilungen der k. k. Central-Commis-
sion für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale N. F. 25 (1899) 30–32 ; Ders.,
Mittheilungen über Ausgrabungen und Funde von Pötovio in den Jahren 1898/99, in : Ebd. N.F. 27 (1901)
18 ; Viktor SkraBar, Römische Funde aus Pettau, in : Ebd. III. F. 4 (1905) 302–316.
18 Zur Chronologie der älteren archäologischen Forschungen siehe Iva Mikl-Curk, Zgodovina arheološkega
raziskovanja v Ptuju [Geschichte der archäologischen Forschung in Pettau], in : Poetovio – Ptuj 69–1969
(Maribor 1969) 7–15. Ivan Žižek, Muzejsko društvo in arheologija od 1893 do 1945 [Musealverein und
Archäologie von 1893 bis 1945], in : Kronika 40 (1992) 148–151. Teilweise ergänzt und verbessert von Jana
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625