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Balduin Saria (1893–1974) 401
Besonders engagiert wirkte er in Einrichtungen, die sich wissenschaftlich mit der Vergan-
genheit Südosteuropas beschäftigten. Im Herbst 1939 wurde er auf Einladung von Valjavec
Mitglied des Wissenschaftlichen Rates des Südostinstituts in München und nach dessen
Wiederkonstituierung im Jahr 1952 war er einer seiner aktiveren Mitarbeiter. Jahrelang
war er Redakteur der Zeitschrift Südost-Forschungen ; Im März 1957 findet man ihn un-
ter den Mitbegründern und später unter den Vorstandsmitgliedern der Südostdeutschen
Historischen Kommission. Im Rahmen der Kommission übernahm er die Aufgaben des
Redakteurs ihres Südostdeutschen Archivs, ferner war er Schriftleiter der Ostdeutschen
Wissenschaft, Mitherausgeber der Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommis-
sion und Betreuer mehrerer Bände der Reihe Südosteuropäische Arbeiten116.
6. ein grossdeutscher, der verBindet
Balduin Saria, seine wissenschaftliche Tätigkeit und sein Verhältnis zu gesellschaftlichen
und politischen Strömungen, welche die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten, sind
lediglich vor dem Hintergrund der historischen Umstände zu verstehen, in denen er lebte.
In erster Linie war er ein Pettauer, der sich als Deutscher fühlte und der die Antwort auf
die deutsche nationale Frage in einer großdeutschen Lösung sah. In seinen Texten wird
das zwar nie explizit formuliert, aber es gibt Indizien, die das einleuchtend bestätigen. Mit
dieser Einstellung zur deutschen Frage verknüpften sich wohl sein Übertritt zur evangeli-
schen Kirche und seine frühe Mitarbeit bei dem großdeutsch orientierten Grazer Tagblatt.
Von daher ist auch seine Zustimmung zur expansiven Politik des nationalsozialistischen
Deutschen Reiches zu verstehen. Das wiedererstarkte Deutschland stellte die Revision des
Friedensvertrages von Versailles in Aussicht. In seinem während der deutschen Besetzung
veröffentlichten Stadtführer durch Pettau betonte er den Niedergang, den seine Heimat-
stadt nach der Eingliederung in das neu entstandene Königreich der Serben, Kroaten und
Slowenen angeblich erlebt hatte. Seine Hinwendung zu NS-Deutschland manifestierte
sich in einer offensichtlichen Anpassungsleistung. Gemäß seiner neuen „Überzeugung“
„erweckten die Machtergreifung 1933 und die Heimkehr der Ostmark 1938 neue Hoff-
nungen“. Deutsche Soldaten, die in den frühen Morgenstunden des 8. April 1941 in
Pettau erschienen, betrachtete er als „Künder einer neuen und glücklicheren Zukunft im
Großdeutschen Reiche“117. Gleichermaßen stellte für ihn die deutsche Besetzung Jugo-
slawiens im Jahre 1941 die „Heimkehr des steirischen Unterlandes ins Großdeutschen
116 Stanislaus Hafner, Balduin Saria (5.6.1893–3.6.1974), in : Österreichische Osthefte 16 (1974) 450–451.
117 Saria, Pettau (wie Anm. 73) 20.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625