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434 Anne-Katrin Kunde und Julia Richter
genannt ; überhaupt ist der Umstand, dass es sich um eine Übersetzung handelt, nicht
erkennbar. Aus diesem Grund ist auch schwer zu sagen, welche Übersetzungen schließlich
Varga tatsächlich übernommen hat und wie viel von ihrer Arbeit nach Blochs und Febvres
Überarbeitungen (und denen ihrer Frauen und des Sekretärs Leuilliot) noch übrig blieb.
Aus der Korrespondenz zwischen Bloch und Febvre geht aber recht deutlich hervor, dass
Varga für die Annales einen Text von Gunnar Mickwitz übersetzte, in dem es um das Verhält-
nis des Westens mit Byzanz ging147. Der Weg bis zum publizierbaren Artikel war natürlich
auch hier schwierig148, was nicht wundert, wenn man sich vor Augen führt, dass es sich um
den deutschen Text eines Nichtmuttersprachlers handelt, der von Varga, einer Historikerin,
in eine Sprache gebracht werden sollte, die nicht ihre Muttersprache war. Interessant ist hier
auch die Rolle Mme Febvres149, der neben der allgemeinen Korrektur die Arbeit eines Text-
vergleichs mit dem Original, also einer Übersetzungskritik, abverlangt wird. Als eine weitere
Übersetzung aus dem Deutschen ins Französische wurde Lucie Varga ein Artikel von Richard
Koebner übertragen, der 1937 in den Annales erscheinen sollte. Diesmal äußerte Bloch sei-
nen Unmut über die abgegebene Leistung, die ihn viel Zeit und Arbeit gekostet hatte, sehr
deutlich und zeigt sich verzweifelt über das Problem der Übersetzungen :
1) Koebner. Je vous parlais à l’instant de Mme Varga. À dire vrai, j’ai peine à croire qu’elle
ait fait la besogne elle-même, au moins d’un bout à l’autre. Certes, la prose de K[oebner]
n’est pas drôle. Mais cela n’explique ni n’excuse l’invraisemblable série de bourdes – traversée
curieusement de quelques éclairs de bon style – dont était faite sa traduction. Je vous assure
qu’il y a quelque chose de terriblement agaçant à devoir une centaine de fois remplacer Ouest
(Osten !) par Est : sans compter bien d’autres coq à l’âne („Waffen“ = icônes ! ! !), des mots amis
qui n’étaient naturellement jamais parmi ceux qu’il eût fallu rayer, etc. Le problème des traduc-
teurs devient brûlant. Impossible de continuer à perdre notre temps de cette manière150. Blochs
Unmut ist verständlich, aber nicht weniger ungerecht einer Laienübersetzerin gegenüber,
die einen Fachtext in eine Fremdsprache übersetzen soll. Es ist anzunehmen, dass die
147 Gunnar Mickwitz, Un problème d’influence : Byzance et l’Occident médiéval, in : AHES 8 (1936) 21–28.
148 Mais jetez un coup d’œil sur le texte de Mickwitz ci-contre – il a besoin d’être revu une fois encore par vous. La
traduction de Mme Varga a été vérifiée sur l’original par ma femme et déjà amendée au point de vue forme et
fond ; puis retapée – c’est le retapage que je vous envoie. Jetez-y un coup d’œil rapide et redonnez le tout à Leuilliot,
puisqu’il est près de vous. Febvre an Bloch, nach 28.12.1935, in : Bloch, FeBvre, Correspondance II (wie
Anm. 103) 361.
149 Suzanne Alice Febvre, geb. Dognon (1897–1985) : Normalienne, Historikerin und Bibliothekarin an der
École normal supérieure de Sèvre, die sie selbst besucht hatte, vgl. Christian Topalov, Jean-Christophe
Marcel, Olivier Martin, Laurent Mucchielli, Philippe Steiner, Marie Jaisson, Maurice Halbwachs
et les sciences de son temps (Paris 1999) 198. Sie hatte Febvre in Strasbourg kennengelernt, als sie an der
Fakultät für Geographie als Assistentin arbeitete, vgl. Mary O’Dowd, Ilaria Porciani, History Women, in :
Storia de la storiografia 46 (2004), 3–34, hier 14.
150 Bloch an Febvre, 07.05.1937, in : Bloch, FeBvre : Correspondance II (wie Anm. 103) 441.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625