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Otto Brunner (1898–1982) 451
kultätsübergreifende Konstellation Hassinger – Hirsch, aus der die Gründung der „Ar-
beitsgemeinschaft für Südostdeutsche Forschungen“ hervorging, die im Frühjahr 1933
in „Südostdeutsche Forschungsgemeinschaft“ umbenannt wurde und deren Leitung zu-
nächst Hassinger und als dessen Nachfolger ab 1934 Hirsch übernahm52. Durch Vorträge,
Teilnahme an den jährlich stattfindenden Studienfahrten u. a. nach Mähren – „volksdeut-
sches“ Gebiet also, das durch die Friedensverträge von Versailles und Trianon nunmehr
zur Tschechoslowakei gehörte – und ins Burgenland sowie einschlägige Publikationen
war Brunner von Beginn an in diese Institution eingebunden. Enge Beziehungen be-
standen zudem zwischen der SODFG und der sudetendeutschen Volkstumsforschung,
insbesondere den von Erich Gierach organisierten „Schlesischen Kulturwochen“ bzw. den
„Reichenberger Hochschulwochen“, auf deren Tagung 1935 Brunner einen Vortrag über
„Böhmen und der Donauraum“ hielt53.
Gegenüber der im engeren Sinn österreichisch-deutschen Anschlussbewegung war die
volksdeutsche Bewegung darüber hinausgehend ausdrücklich auf eine Revision der durch
den Versailler Vertrag neu gezogenen nationalstaatlich-territorialen Grenzziehungen gerich-
tet, verbunden mit einem politisch-kulturellen Hegemonialanspruch des Deutschtums in
Mitteleuropa. Resümiert man Brunners politisches Engagement in den frühen 1930er Jahren
in der volksdeutschen Bewegung und seine Veröffentlichungen an einschlägigen publizisti-
schen Orten wie der von Friedrich Heiss herausgegebenen Zeitschrift „Volk und Reich“54
52 Siehe hierzu FahlBusch, Forschungsgemeinschaft (wie Anm. 8) 247–248 ; Petra Svatek, Hugo Hassinger
und Südosteuropa. Raumwissenschaftliche Forschungen in Wien (1931–1945), in : „Mitteleuropa“ und „Süd-
osteuropa“ als Planungsraum. Wirtschafts- und kulturpolitische Expertisen im Zeitalter der Weltkriege, hg. v.
Carola Sachse (Göttingen 2010) 290–311 ; Dies., „Wien als Tor nach dem Südosten“ – Der Beitrag Wiener
Geisteswissenschaftler zur Erforschung Südosteuropas während des Nationalsozialismus, in : Geisteswissen-
schaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien, hg. v. Mitchell G. Ash, Wolfram Niess,
Ramon Pils (Göttingen 2010) 111–139, insbes. 113–117.
53 Eine Kurzfassung des Vortrags erschien unter dem Titel : Böhmen und der Donauraum, in : Heimatbildung
171 (1936) 47–48. Zum Programm der „13. Reichenberger Hochschulwoche“ im August 1935 siehe die Ak-
ten : Politisches Archiv, Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland PA AA R 60292 hier 7. Zu Gierach
und der sudetendeutschen Volkstumsforschung siehe Tobias Weger, Die sudetendeutsche Anstalt für Landes-
und Volksforschung, in : Handbuch der völkischen Wissenschaften. Personen, Institutionen, Forschungspro-
gramme, Stiftungen, hg. v. Ingo Haar, Michael FahlBusch unter Mitarbeit von Matthias Berg (München
2008) 683–688 ; Haar, Historiker (wie Anm. 7) 19–196.
54 Otto Brunner, Das Burgenland, in : Bekenntnis zu Österreich, hg. v. Friedrich Heiss, Arnold Hillen
Ziegfeld (Volk und Reich. Politische Monatsschrift für das junge Deutschland 3. Beiheft, Berlin 1932)
40–46. Zu dieser Zeitschrift als „Kristallisationspunkt des radikalen Grenzlandaktivismus“ siehe Thomas
Müller, Imaginierter Westen. Das Konzept des „deutschen Westraums“ im völkischen Diskurs zwischen po-
litischer Romantik und Nationalsozialismus (Bielefeld 2009) 252–263 ; Ders, Volk und Reich, in : Handbuch
(wie Anm. 53) 700–704.
Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625