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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Otto Brunner (1898–1982) 465 nungsstreit bezogen, sondern der Terminus selbst innerhalb der völkischen Bewegung Bedeutungsmodifikationen und Instrumentalisierungsschüben im Kampf gegen die Ver- sailler Nachkriegsordnung und den liberalen Rechtsstaat unterlag. Wie die völkische Bewegung in Deutschland und Österreich generell nicht schlicht als Vorläuferin des Nationalsozialismus verstanden werden kann108, so ist auch die „Volksge- schichte“ keine genuin nationalsozialistische Disziplin historischer Forschung. Sie stand in einer älteren ethnozentristischen Tradition, die in den 1920er Jahren durch die interdiszip- linäre Landesforschung einen methodischen Innovationsschub erfuhr und seit 1933 durch die politischen Neukonfigurationen in den Sog und in eine spannungsreiche Beziehung zum Nationalsozialismus geriet109. Erst im Kontext dieser diskursiven Verschiebungen und der methodologischen Formierung des „volksgeschichtlichen Paradigmas“ (Fr. Len- ger) werden die semantischen Umordnungen110 verständlich, die sich auch in Brunners politisch-wissenschaftlicher Nazifizierung niederschlugen. Entscheidendes Datum hierfür ist der „Anschluss“ Österreichs ans nationalsozialistische Deutschland, denn nun erst, nach dem „Ausgleich“ zwischen „volkhafte(m) Denken“ in Österreich und staatlichem Denken in Deutschen Reich111, konnte sich die Formel „Volk und Reich“ als hegemoniale seman- tische Leitdifferenz etablieren, und erst vor diesem zeithistorischen Hintergrund ist der in Brunners programmatischem Aufsatz „Moderner Verfassungsbegriff und mittelalterliche Verfassungsgeschichte“ (1939) formulierte Satz zu verstehen : „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich112.“ „Volksgeschichte“, so Brunner, „ist das Gebot der Stunde“113. Wie aber hat Brunner „Volksgeschichte“ geschrieben ? Welches sind ihre methodologischen Grundlagen und 108 Siehe hierzu : Völkische Wissenschaft. Gestalten und Tendenzen der deutschen und österreichischen Volks- kunde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hg. Wolfgang JacoBeit, Hannjost Lixfeld, Olaf Bock- horn (Wien/Köln/Weimar) 1994 ; Handbuch zur „völkischen Bewegung“ 1871–1918, hg. v. Uwe Pusch- ner, Walter Schmitz, Justus H. UlBrich (München 1999) ; Uwe Puschner, Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich (Darmstadt 2001) ; Handbuch (wie Anm. 53) ; Stefan Breuer, Die Völkischen in Deutschland. Kaiserreich und Weimarer Republik (Darmstadt 2008). 109 Siehe hierzu OBerkrome, Volkgeschichte (wie Anm. 7) ; Ders., Entwicklungen und Varianten der deut- schen Volksgeschichte (1900–1960), in : Volksgeschichten (wie Anm. 10) 65–95, insbes. 76–91 ; Manfred Hettling, Volk und Volksgeschichten in Europa, in : ebd. 7–37, insbes. 17–25 ; Blänkner, Volksge- schichte (wie Anm. 10) 329–332 ; Lenger, Wurzel (wie Anm. 88) 53–55 ; Ernst Pitz, Neue Methoden und Betrachtungsweisen in der landesgeschichtlichen Forschung nach 1918, in : Blätter für deutsche Landesge- schichte 124 (1988) 483–506. 110 Siehe hierzu : Semantischer Umbau der Geisteswissenschaften 1933 und 1945, hg. v. Georg BollenBeck, Clemens KnoBloch (Heidelberg 2001). 111 Otto Brunner, Kärntens Stellung in der deutschen Geschichte (Schriften zu den Klagenfurter Hochschul- wochen, Klagenfurt 1941) 22–23. 112 Ders., Verfassungsbegriff (wie Anm. 1) 516. 113 Vgl. Anm. 105.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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