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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Page - 466 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

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466 Reinhard Blänkner ihre Gegenstandsfelder ? Ausgangspunkt, um diesen Fragen – hier nur andeutungsweise – nachgehen zu können, ist der bereits erwähnte Zusammenhang zwischen dem durch die politischen Folgen des Ersten Weltkriegs sowie durch den krisenhaften sozialen Umbau zur industriellen Massengesellschaft ausgelösten Erfahrungswandel und wissenschaftli- chem Methodenwechsel114. Vor allem die Krise der modernen Staatlichkeit – das Problem der Souveränität sowie der pluralistischen oder autoritären politischen Willensbildung – hat Brunner unter dem Eindruck der politischen Gewalt- und Bürgerkriegserfahrun- gen und der staatsrechtlichen Kontroversen namentlich zwischen Hans Kelsen und Carl Schmitt seit den 1920er Jahren intensiv beschäftigt115. Dabei hat ihn die Konfrontation mit den mittelalterlichen Quellen, in denen Souveränität, also das staatliche Monopol legitimer Gewaltsamkeit, nicht nachweisbar ist, zur grundsätzlichen Kritik an der Anwen- dung moderner politischer, juristischer und sozialer Kategorien auf die mittelalterliche Ordnung geführt, die er mit Hilfe einer „quellenmäßigen Begriffssprache“ darzustellen forderte116. Die Reflexion über die Historizität wissenschaftlicher Kategorien ist eine Reaktion auf diese vielschichtigen Krisenerfahrungen und Teil eines grundlegenden Methodenwechsels, der bereits Brunners frühe Arbeiten durchgängig charakterisiert. Dass er diesen innova- tiven Methodenwechsel der Abwendung von überkommenen positivistischen Kategorien mit der politischen Hinwendung zur Volksgeschichte verbindet, liegt dabei ebenso wenig in der Sache begründet wie die nationalsozialistische Überformung und Instrumentalisie- rung des Volksbegriffs. Brunners Ansatz der Begriffsgeschichte avant la lettre war daher keineswegs erst Folge seiner ideologischen Nazifizierung der Volksgeschichte seit Mitte der 1930er Jahre, die in die wortradikale Forderung nach einer „Revision der Grundbegriffe“ mündete117. Von „ideologischen Ursprüngen der Begriffsgeschichte“ (J. Van Horn Mel- ton) bei Brunner zu sprechen und den „Anstoss“ für sein Konzept der Begriffsgeschichte „aus dem Rekurs auf die nationalsozialistische Staats- und Rechtsgeschichte“ zu erklären 114 Siehe hierzu Reinhard Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch-anthropo- logische Skizze, in : Ders., Zeitschichten. Studien zur Historik (Frankfurt/M 2000) 27–77 (zuerst 1988) ; Lenger, Wurzel (wie Anm. 88). Zur Zeitdiagnostik der 1920/30er Jahre siehe insbesondere Karl Mann- heim, Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus (Leiden 1935). Siehe auch Otto Gerhard Oexle, ‚Staat‘ – ‚Kultur‘ – ‚Volk‘. Deutsche Mittelalterhistoriker auf der Suche nach der historischen Wirklichkeit 1918–1945, in : Die deutschsprachige Mediävistik im 20. Jahrhundert, hg. v. Peter Moraw, Rudolf Schief- fer, (VuF 62, Ostfildern 2005) 63–101. 115 Siehe hierzu Pierangelo Schiera, Otto Brunner, uno storico della crisi, in : Annali (wie Anm. 10) 19–37 ; Blänkner, „Staatsbildung“ (wie Anm. 10) 93–105. 116 Brunner, Land und Herrschaft (wie Anm. 2) 193. Zuvor bereits programmatisch Ders., Zum Problem der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, in : Zs. für Nationalökonomie 7 (1936) 671–685. 117 Brunner, Politik und Wirtschaft (wie Anm. 66) 422. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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