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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Page - 524 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

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524 Alfred Werner Höck 12. fazit Richard Wolframs Forschungsbemühen basierte in seinem Kern auf den Ideologemen der völkischen Wissenschaft, d. h., auf der zu Grunde Legung mythisch-romantischer geschichtsphilosophischer Annahmen und historiografischer Metafiktion der Zwischen- kriegs- und NS-Zeit. Die Aufgabe einer „modernen“ Volkskunde war in Wolframs Augen die Suche und die Vermittlung des „inneren Wesen“ des Volkes. Jene innere Kraft, die unsere Haltung bestimmt, die arteigenen Gesetze unseres Gemeinschaftslebens. Volkskunde ist das Volk von innen her gesehen. Das bedeutet eine Rückkehr zu den Anfängen der Volkskunde in der Zeit der Romantik, Ideen vom ‚Volksganzen‘ und der ‚Volksseele‘ und der ‚Idee der Nation‘, aber freilich auf der Ebene unserer Zeit195. In seinem Selbstverständnis wurde die Volkskunde zum aktiven Vermittler und Bewahrer eines ethnisch-biologistisch definierten „Volkstums“, das einseitig aus einer „völkisch“ gedeuteten Vergangenheit heraus definiert wurde und in dem es zwischen „Wahrem“ und „Artfremden“ zu unterscheiden galt. Dabei tritt als immer wieder durchschimmerndes Leitmotiv die (von ihm als westlich-rationa- listisch verstandene) Moderne als Ursache für die Erschütterung des gesellschaftlichen Zusammenhangs und einen Niedergang auf196. Aus heutiger Sicht zeigt sich am Beispiel von Wolframs „völkischer Wissenschaft“ das Dilemma einer vorformulierten Erkenntnis- gewissheit und des ihr zugehörigen Menschen- und Gesellschaftsbildes, das auf Basis eines Sets geschichtstheoretischer Annahmen konstruiert wurde. Beides musste an der Realität scheitern. Denn so sehr er seine Bemühungen auf „Quellströme“ einer indogermanischen Gemeinschaft richtete und versuchte, daraus eine Grundlage für einen systemkonformen und -stabilisierenden Gemeinschaftsmythos zu untermauern, so blieben die Ergebnisse immer rückwärtsbezogen und verklärten ein Geschichts- und Gemeinschaftsbild, das selbst im nationalsozialistischen Regime durch die „regressive Modernisierung“ (Ernst Hanisch)197 immer mehr erodierte. Denn auch der Nationalsozialismus, der als ideolo- gisches Bezugssystem diente, veranlasste (gewaltsame) Modernisierungsprozesse, vereinte politische Pathologie und technokratische Intelligenz in sich und trug – aller propagierter Blut- und Boden-Mythologie zum Trotz – zur Auflösung eben jener Gesellschaftsformen bei, die zu erhalten er in seiner Propaganda vorgab. Die Bemühungen der „völkischen“ Wissenschaft waren damit von Beginn an – auch an ihren eigenen Maximen gemessen – zum Scheitern verurteilt. Wolframs Arbeiten und sein Wirken in Lehre und Brauchtumspflege sind vor allem ein Spiegelbild eines generationsspezifisch vorherrschenden (deutsch-völkischen) Wis- 195 SLIVK, NRW, Lehre : Übungen (wie Anm. 100) pag. 22. 196 Ebd. pag. 27–28. 197 Siehe Hanisch, Schatten (wie Anm. 57 ) 348. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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