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532 Jiří Němec
es für ihn die Sache einer hart erkämpften und bewussten Wahl war. Und es sollte dabei
nicht nur um die Sprache, sondern vielmehr um eine spezifische „deutsche“ Kultur gehen.
Im Herbst 1922, nach dem erfolgreichen Abschluss des Gymnasiums, begann Taras
Borodajkewycz ein Studium an der Theologischen Fakultät der Wiener Universität. Da
er aber nach ukrainischem Ritus in der Wiener Barbarakirche getauft worden war, trat er
mit Beginn des Studiums zum katholischen Glauben über. Wann ihm sein Bruder Ostap
in diesem Schritt folgte, ist nicht bekannt, jedenfalls sind beide Brüder im Oktober 1924
der katholischen Studentenverbindung Norica, einem Mitglied des Cartellverbandes der
katholischen deutschen Studentenverbindungen, beigetreten19. Ostap studierte Land-
wirtschaft an der Hochschule für Bodenkultur ; deren Studentenschaft wurde bereits am
Beginn der 1920er-Jahre von deutschnationalen bzw. völkischen Studenten beherrscht20.
Ostap interessierte sich allerdings kaum für Politik, er war immer ein unpolitischer Mensch,
wie sich Borodajkewycz einmal über den Bruder äußerte21. Ostap arbeitete als auf Vieh-
zucht spezialisierter Ingenieur und publizierte in Fachzeitschriften, vielleicht war er auch
als Assistent an seiner Alma Mater tätig22.
3. studium
Nach der Inskription an der Wiener Universität hörte Borodajkewycz vier Semester lang
theologische Vorlesungen und wechselte anschließend zur Philosophischen Fakultät. Sein
19 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/56, Buch Die Ehrenmitglieder, alten Herren und Studierenden des OeCV, des
österr. Cartell-Verbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen. Nach dem Stande vom 1. April
1935, 99. Zur Geschichte des Cartellverbandes siehe Gerhard Popp, CV in Österreich 1864–1938. Organisa-
tion, Binnenstruktur und politische Funktion (Wien/Köln/Graz 1984).
20 Manfried Welan, Die Universität für Bodenkultur in Wien. Von der Gründung in die Zukunft 1872–1997.
(Wien/Köln/Weimar 1997) 72–73.
21 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/32, Taras Borodjkewycz an Heinz Müller 02.12.1976.
22 Ostap Borodajkewycz (1904–1950/51 ?) veröffentlichte z. B. den Aufsatz „Studie über die Rinderrasse von
Telemarken“ in der Zs. für Tierzüchtung und Züchtungsbiologie einschließlich Tierernährung 23 (1932) Nr.
1–3, 55–93, oder später das Buch : Die heimische Schafzucht (Wien 1944). Die Angaben über Ostap entstam-
men einem Schreiben der Kriemhilde Borodajkewycz an den Archivar Peter Broucek von 29.04.1985. ÖStA
KA, NL TB, Sig. B1251/9. Das Gesamtverzeichnis der CV-Mitglieder aus dem Jahr 1935 gibt bei seinem Na-
men „Gutsverwalter“ an. Seit 1943 diente er in der Waffen-SS und verbrachte die letzten Monate des Krieges
in einem Lazarett in Prag. Einer weiteren Äußerung von Kriemhilde Borodajkewycz nach diente Ostap nur
deswegen in der Waffen SS, weil ihm ein Prozess vor dem Volksgerichthof gedroht habe. Er soll sich vor seinen
Angestellten pazifistisch und gegen Hitler und den Krieg geäußert haben (Hitler soll sich seinen Krieg allein füh-
ren und nicht andere Menschen unglücklich machen, der Krieg ist sowieso verloren.). Nach seinem Eintritt in die
Waffen-SS, die mit Rat und Hilfe des mit Borodajkewycz befreundeten SS-Obersturmbannführers Wilhelm
Höttl stattfand, wurde die Angelegenheit der Anklage vergessen.
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Österreichische Historiker
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
- Title
- Österreichische Historiker
- Subtitle
- Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
- Volume
- 3
- Author
- Karel Hruza
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20801-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 630
- Keywords
- Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
- Category
- Biographien
Table of contents
- Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
- Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
- Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
- Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
- Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
- Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
- Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
- Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
- Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
- Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
- Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
- Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
- Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
- Abkürzungsverzeichnis 607
- Abbildungsnachweis 610
- Personenregister 611
- Autorinnen und Autoren 625