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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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554 Jiří Němec wurden intensiviert. Auch Borodajkewycz wurde vom deutschen Gesandten persönlich zu einem Empfang eingeladen, obwohl solche Besuche von Parteimitgliedern gemäß Wei- sung der österreichischen NSDAP-Leitung boykottiert werden sollten118. Borodajkewycz freundete sich besonders mit dem deutschen Diplomaten, Kulturattaché und späteren Widerstandskämpfer Hans Bernd von Haeften an, der, wie sein jüngerer Bruder Wer- ner, Adjutant Stauffenbergs, nach dem gescheitertem Attentat auf Hitler 1944 zum Tode verurteilt wurde119. Bei Haeften kamen Leute zusammen, die auch keine unmittelbaren Parteiangehörigen waren, sondern Menschen, erinnerte sich Borodajkewycz vierzig Jahre da- nach, die an einer vernünftigen Lösung der österreichischen Frage interessiert gewesen sind120. Unter diesen „Anschluss“-Intellektuellen der Katholisch-Nationalen befand sich auch der Rechtsanwalt Arthur Seyss-Inquart, der bald zur treibenden Kraft der österreichischen Anschlussbewegung wurde und schließlich als Bundeskanzler und Reichstatthalter amtie- ren sollte121. Auch mit ihm trat Borodajkewycz damals öfters in Kontakt und es scheint, dass er auch im weiteren Kreis von dessen Mitarbeitern aktiv tätig war, obwohl er keine nennenswerte Rolle in der kurzen Regierungsepisode von Seyss-Inquart im März 1938 spielte. Dieses, gemäß Äußerungen aus der Nachkriegszeit skizzierte Bild von Borodajkewycz’ Tätigkeit in den 1930er-Jahren wird von Quellen der NSDAP aus den Jahren 1938–1942 ergänzt. Natürlich dienten die dort enthaltenen Angaben vor allem zur Erlangung des Status eines alten Kämpfers, eines illegalen – und darum nicht opportunistischen – Natio- nalsozialisten : Borodajkewycz wurde am 1. Mai 1938 in die NSDAP mit einer Nummer für Illegale (Nr. 6124741) aufgenommen. Auch wenn die Angaben also übertrieben sein konnten, verlieren sie nicht ihre Aussagekraft, die auch die Erinnerungen des Gene- rals Glaise-Horstenau bestätigen. Es ergibt sich das Bild eines pflichtbewussten, treuen, opferbereiten, charakterlich einwandfreien Nazi-Charakters, der für seine Überzeugung verfolgt122 und in seiner wissenschaftlichen Karriere gebremst wurde, der ein bewährter Mitkämpfer war und pünktlich seine Beiträge bezahlte, der andere Mitglieder warb und sich in selbstloser Weise in den Kampf unserer Bewegung stellte123. So jedenfalls lautete die Beur- 118 Interview Ackerl (wie Anm. 27) 29. 119 Zu ihrer freundschaftlichen Beziehung siehe den Briefwechsel zwischen Borodajkewycz und von Haeften vom September und Oktober1940 mit einem Gedicht für Borodajkewycz’ Sohn zu dessen Taufe (Ebd., Sig. B1251/76). 120 Interview Ackerl (wie Anm. 27) 25. 121 Siehe Weinzierl, Prüfstand (wie Anm. 97) 71. Zu Seyss-Inquart (1892–1946) siehe Johannes Koll, Arhur Seyß-Inquart und die deutsche Besatzungspolitik in den Niederlanden (1940–1945) (Wien/Köln/Weimar 2015). Seyss-Inquart absolvierte 1910 die Matura am gleichen Gymnasium im Baden, an dem auch Borodaj- kewycz maturieren sollte. Johannes Koll danke ich für diesen und andere Hinweise. 122 Siehe die Angaben über Hausdurchsuchungen und Polizei-Untersuchungen oben. 123 ÖStA AR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 10, Fragebogen, Rückseite mit Erklärung des W. Babel. Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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