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Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
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Page - 565 - in Österreichische Historiker - Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3

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Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984) 565 den Wiener Nationalsozialisten vom weltanschaulichen Standpunkt her als besonders ge- fährlich innerhalb der NSDAP abgestempelt174. Gauhauptstellenleiter Axmann aus dem Wiener Gauschulungsamt sah einzig und allein ein Mittel der Abwehr gegen diese ganz gefährlichen Zersetzungserscheinungen innerhalb der Partei, nämlich Verhinderung ihres Ein- trittes in die NSDAP175. In diesen Zusammenhang ist auch folgende Episode zu sehen : Im Winter 1942/1943 oder im folgenden Frühjahr traf Borodajkewycz in einer Trafik in der Wiener Gumpen- dorferstraße einen Blockleiter der NSDAP. Franz Wöber, der Blockleiter, erinnerte Bo- rodajkewycz an eine Spinnstoffsammlung. Allein dieser lehnte seine Teilnahme ab. Wie sich die Inhaberin der Trafik später vor dem Gaugericht erinnerte, soll er dem Blockleiter geantwortet haben, auf der Kartenstelle habe man sein Ersuchen um einen Bezugschein für einen Kindermantel damit abgetan, er solle aus seiner Garderobe etwas machen lassen ; er hätte nun schon alles abgegeben und die Ortsgruppe würde von ihm nichts sehen176. Borodajkewycz soll daraufhin die Trafik verlassen und draußen dem ihn folgenden Blockleiter gesagt ha- ben : Glauben Sie, dass wir den Krieg wirklich gewinnen ? Der Blockleiter war offensichtlich empört und meldete den Vorfall an die Kreisleitung der Partei. Am 7. Juni 1943 kam es zur Verhandlung vor dem zuständigen Kreisgericht der NSDAP. Borodajkewycz leugnete seine defätistische Aussage, konnte aber das Kreisgericht nicht überzeugen, auch weil der Anschuldigte ein hochfahrendes und anmassendes Benehmen zeigte und wiederholt zu der dem Parteigericht schuldigen Achtung ermahnt werden musste. Borodajkewycz wurde schließlich aus der NSDAP ausgeschlossen177. Er legte gegen dieses Urteil umgehend Beschwerde beim Gaugericht ein und versuchte, die Angelegenheit als Missverständnis darzustellen. Zu dem inkriminierten Satz erklärte er vor dem Gaugericht am 7. Oktober 1943, dass er sicherlich nur im Zusammenhang mit der Ablehnung der Spinnstoffsammlung zu verste- hen war und er sich höchstens so ausgedrückt habe : Glauben Sie, daß wir damit den Krieg gewinnen ? Damit sollte seine nationalsozialistische Weltanschauung nicht in Frage gestellt werden können. Das Gaugericht erkannte seine Beschwerde zumindest als zum Teil be- gründet an. Dabei ist von Interesse, dass sein Beharren an der Zugehörigkeit zur Partei den Richter beeindruckte : Ein Zweifel an dem Sieg Deutschlands war dieser Äusserung nicht 174 ÖStA AR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 63–64, Schreiben von Gauschulungsleiter Axmann an den Kreisleiter des Wiener Kreises 9 vom 13.07.1943. 175 Ebd. S. 62, Schreiben von Gauschulungsleiter Axmann an den Kreisleiter des Wiener Kreises 9 vom 14.07.1943 : Zusammenfassend gibt es für uns in Vertretung unserer nationalsozialistischen Grundsätze gegenüber solchen Persönlichkeiten wie B., die innerhalb der Partei nur ganz gefährliche Zersetzungserscheinungen herbeiru- fen können, einzig und allein ein Mittel der Abwehr, nämlich die Verhinderung ihres Eintrittes in die NSDAP. 176 ÖStA AR, BMI/GA, 217 R, Taras Borodajkewycz, S. 54, Urteil des Gaugerichtes Wien der NSDAP vom 07.10.1943. 177 ÖStA KA, NL TB, Sig. B1251/127, Urteil des Kreisgerichtes Wien I der NSDAP vom 07.06.1943.
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Österreichische Historiker Lebensläufe und Karrieren 1900–1945, Volume 3
Title
Österreichische Historiker
Subtitle
Lebensläufe und Karrieren 1900–1945
Volume
3
Author
Karel Hruza
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20801-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
630
Keywords
Lebensläufe, Werke und gesellschaftliches Wirken österreichischer Historikerinnen und Historiker, Geschichtsforschung
Category
Biographien

Table of contents

  1. Österreichische Historiker 1900–1945. Einleitung und Kommentar zum dritten Band 9
  2. Oswald Redlich (1858–1944). Historiker über oder zwischen den Parteien ? 29
  3. Ludo Moritz Hartmann (1865–1924). Geschichtsschreibung im Lichte der frühen Sozialdemokratie Österreichs 67
  4. Hermann Wopfner (1876–1963). Der „treueste Sohn Tirols“ 97
  5. Hugo Hassinger (1877–1952). Volkstumsforscher, Raumplaner, Kartograph und Historiker 123
  6. Hans Uebersberger (1877–1962). Eine Gratwanderung : (S)eine Karriere im Fokus privater und öffentlich-beruflicher Spannungen 157
  7. Adolf Helbok (1883–1968). „Ich war ein Stürmer und Dränger“ 185
  8. Camillo Praschniker (1884–1949). Wiedergewinnung aus der Zerstörung 313
  9. Balduin Saria (1893–1974). „Ein deutschsprachiger Sohn der Untersteiermark“ 379
  10. Erna Patzelt (1894–1987) und Lucie Varga (1904–1941). Leben zwischen Kontinuität und Diskontinuität 405
  11. Otto Brunner (1898–1982). „Nicht der Staat, nicht die Kultur sind uns heute Gegenstand der Geschichte sondern Volk und Reich.“ 439
  12. Richard Wolfram (1901–1995). „Wir haben einen Stern, dem wir gefolgt sind“ 479
  13. Taras (von) Borodajkewycz (1902–1984). Zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus : Der Versuch, das Unvereinbare zu verbinden 527
  14. Abkürzungsverzeichnis 607
  15. Abbildungsnachweis 610
  16. Personenregister 611
  17. Autorinnen und Autoren 625
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