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„Zion“ eine Konferenz ein, die als „Erster Österreichischer Zionistentag“ im März
1901 in Olmütz stattfand. Während es bei dieser Zusammenkunft und auch bei den
folgenden Zionistentagen im Wesentlichen um die Anerkennung und Umsetzung
des „Baseler Programms“ und um die Festlegung der Statuten einer Gesamtor-
ganisation ging,85 kam die Palästina-Arbeit im Grunde erst beim fünften Treffen
1907 in Bielitz zur Sprache. Stellenwert und Details wurden vom zu dieser Zeit als
Vorstandsmitglied des innerösterreichischen Distriktskomitees fungierenden Adolf
Böhm (1873–1938) formuliert, der damit grundlegende Beschlüsse des kurz darauf
abgehaltenen 8. Zionistenkongresses vorwegnahm:
„Der Zionistentag erachtet die praktische Arbeit in Palästina, sofern sie
parallel mit der politischen Aktion geleistet und von politischen Gesichts-
punkten aus geleitet wird, für unbedingt notwendig zur Erforschung und
Erschließung des Landes, zur Stärkung der realen Positionen der Juden in
Palästina, zur Hebung ihres kulturellen Niveaus und zur Schaffung der prak-
tischen Vorbedingungen für eine künftige jüdische Massenansiedlung in
Palästina. Der Zionistentag begrüßt die Aktionen der Palästinakommission,
die er als eine solche Tätigkeit darstellend ansieht. Zu dieser praktischen
Arbeit hält der Zionistentag insbesondere die Schaffung einer direkt dem
engeren A.-K. unterstehenden Zentrale in Palästina, eine auf Erwerb klei-
ner Konzessionen gerichtete Tätigkeit unserer Institutionen und Behörden
und endlich die Schaffung eines Palästinafonds […] behufs Trennung der
politischen von den wirtschaftlichen Fonds für nötig […].“86
Böhms Vorschläge konnten sich gegenüber den Rednern, die jegliche prakti-
sche Palästina-Arbeit ablehnten, durchsetzen und wurden von den Delegierten
angenommen. Der cisleithanische Zionismus kann ab diesem Zeitpunkt – so
Gaisbauer – weitgehend als „synthetischer“ charakterisiert werden, der bis 1914
wechselnde Schwerpunkte enthielt, die sich um die Themenkreise „Palästina“ und
„nationale Gegenwartsarbeit“ drehten.87 Teilte sich letztere in die Bereiche Politik
und Kultur – ab 1911 wurde sowohl in den östlichen als auch in den westlichen
Gebieten das Aufkommen einer umfassenden Kulturbewegung bemerkbar –, so
zielte die Palästina-Arbeit in erster Linie auf die Identifikation mit dem zionisti-
schen Projekt, auf die Vermittlung von landesbezogenen Kenntnissen (vor allem
durch Veranstaltungen wie Vorträge, Filmabende, aber auch durch Gesellschafts-
reisen nach Palästina88) und die finanzielle Unterstützung des Aufbauwerks (primär
85 Zum konfliktreichen Prozess der Organisationsfindung und zu den Ursachen des Zerfalls der Lan-
desorganisation siehe Gaisbauer, Davidstern, v.a. S. 98–135.
86 Zit. in: Ebda., S. 128.
87 Ebda., S. 246–249.
88 Der 1906 gegründete Wiener „Zionistische Zentralverein“ veranstaltete im ersten Jahr seines Be-
stehens eine Palästina-Reise und rief mit folgendem Text zur Teilnahme auf (Auszug): „Wir alle
sind von dem Wunsche erfüllt, mit eigenen Augen jenes Land zu sehen, wo jeder Stein, jede Scholle
Erde die Erinnerung an die glorreichsten Tage unserer Geschichte wachruft, das Land, mit dem
die schönsten Hoffnungen für unsere Zukunft verknüpft sind. Palästina aus eigener Anschauung
Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Title
- Land der Verheißung – Ort der Zuflucht
- Subtitle
- Jüdische Emigration und nationalsozialistische Vertreibung aus Österreich nach Palästina 1920 bis 1945
- Author
- Victoria Kumar
- Publisher
- Studienverlag Ges.m.b.H.
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7065-5419-0
- Size
- 15.6 x 23.4 cm
- Pages
- 216
- Keywords
- Palestine/Israel, Aliyah/Zionism, Jewish history of Austria, National Socialism in Austria, Palästina/Israel, Alijah/Zionismus, Jüdische Geschichte Österreichs, Nationalsozialismus in Österreich
- Categories
- Geschichte Nach 1918