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now incorporating dimensions such as entertainment, empowerment, experience, ethics,
andnarrativeendeavour. (AndermannundArnold-deSimine2012,5)
ZumBegriff desmemorialmuseumsmusspräzisiertwerden,dassdieser zunächst
solcheGedenkinstitutionenbezeichnete,dienicht in situ, alsonicht andenOrten
der Verbrechenwaren– allen voran das 1993 eröffnete USHMM inWashington,
D.C.undYadVasheminJerusalem,das1957alsGedenkstätteeingerichtetwurde
unddessenHolocaustHistoryMuseum2005 seinePfortenöffnete.32 ImZugeder
„travelling memory“ (Erll 2011, 11), der oben beschriebenen ‚Universalisierung‘
und ‚Europäisierung des Holocaust‘ orientierten sich aber der Zeit des Zweiten
WeltkriegsunddersozialistischenÄragewidmete,neueständigeAusstellungenin
postsozialistischenLändernOstmittel-undSüdosteuropasstärkerandiesemKon-
zept als an In-situ-KZ-Gedenkstätten inDeutschlandundPolen,wie gezeigtwer-
denwird. Aus diesemGrundhabe ich für dieseArbeit bewusst den auf Deutsch
etwas ungewohnt klingenden Begriff des ‚Gedenkmuseums‘ als direkte Überset-
zungvonmemorialmuseumgewählt,umden ‚Import‘desMemorial-Museum-Kon-
zepts auch in postsozialistische In-situ-Museen und seine teils problematischen
Folgenherausarbeitenzukönnen.33
GedenkmuseenunterscheidensichetwavonHäusernderGeschichtedadurch,
dasssieeinemhistorischenEreignisgewidmetsindundzunächstallgemeingesagt
einesMassenverbrechens gedenken. Solchememorial museums stellen PaulWil-
liamszufolgeingewisserWeiseeineninhärentenWiderspruchdar:
Amemorial is seen to be, if not apolitical, at least safe in the refuge of history. […] A
historymuseum,bycontrast, ispresumedtobeconcernedwith interpretation,contextua-
lization,andcritique.Thecoalescingof the twosuggests that there isan increasingdesire
to addbothamoral framework to thenarrationof terrible historical events andmore in-
depth contextual explanations to commemorative acts. That so many recent memorial
museums[…] findthemselves instantlypoliticizeditself reflects theuneasyconceptualco-
existenceof reverent remembranceandcritical interpretation. (Williams2007,8)
Selbstredend sind auchMahnmale ohneMuseumkeinesfalls unpolitischeOrte,
wiedieKontroverseumdas2014amFreiheitsplatz inBudapest errichteteDenk-
32 Als staatliche Holocaust-Museen stehen diese in einem Spannungsverhältnis zwischen
„themassivemight of official remembrance, and the quiet, intimate remembrance of indivi-
dualsurvivors.“ (Stone2004,518)
33 Sonennt sichdaskroatischeMuseumaufdemGeländedesehemaligenUstaša-KZs„Jasen-
ovacMemorialMuseum“ –Memorijalnimuzej (http://www.jusp-jasenovac.hr/Default.aspx?
sid=6559),gibtalsVorbilderdasUSHMM,YadVashemunddasAnne-Frank-Hausanundkon-
zentriert sich vor allemaufdie individuellenOpfer,währendesdasGelände, auf demes sich
befindet,erstaunlichvernachlässigt. (Radonić2014a,499)
32 2 TheoretischeEinbettung
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Title
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Subtitle
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Author
- Ljiljana Radonić
- Publisher
- DE GRUYTER
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918