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deredieFrage, inwieferndasMuseumvor allem fürdasnationalePublikumbe-
stimmt ist oder auch bzw. primär eine internationale Signalwirkung haben soll
undobsichdieseRelationmitderZeitverändert.
Das jeweilige systematisch untersuchte Museumwird im Kontext der Ge-
schichtspolitikundderanderenMuseendesLandes, indenenebenfallsdieZeit
des ZweitenWeltkriegs thematisiert wird, analysiert. Diese Kontextualisierung
umfasst jüdischeMuseenwiedasdemHolocaustgewidmeteGreenHouse inVil-
nius, dasMuseumderRoma-Kultur inBrnounddiePläne zurErrichtungeines
Gedenkmuseums im ehemaligen ,Zigeunerlager‘ Lety in Tschechien, aber auch
nachBeginndesHabilitationsprojektseröffneteMuseenwiedasstarkumkämpfte
MuseumdesZweitenWeltkriegs inGdańskoderdasMuseumderGeschichteder
polnischenJudeninWarschau.
Die relevanten AkteurInnen identifiziere ich und analysiere ihre Rolle an-
handderMuseumswebseite, PublikationendesMuseumssowie jenenderMuse-
umsleitung etwa inwissenschaftlichen Sammelbänden, publizierten Interviews
mitMuseumsdirektorInnenundKuratorInnenderständigenAusstellungensowie
derZeitungsberichterstattungüberdas jeweiligeMuseumundverflechtediesmit
derAnalysederMuseumsnarrative. InderMehrzahlder zehnMuseenerfolgtder
ZugriffderPolitikaufdasMuseumdirekt,etwaindemdieDirektorInnenvomzu-
ständigenMinisterium(HausdesTerrors,Holocaust-Gedenkzentrum, Jasenovac,
MuseumdesSlowakischenNationalaufstands)oderderStadtregierung (Museum
desWarschauerAufstands) eingesetztwerden, imFall vonTheresienstadt nach
Jahrzehnten derMarginalisierung des Gedenkens an das Ghetto ab 1991mit der
Auflage,dassesVertreterInnenderJüdischenGemeindeTschechiensseinmüssen.
ImFall desHauses des Terrors und desMuseums desWarschauer Aufstands ist
vorallemzubetonen,dassdieHäuserAushängeschilderder jeweiligenmnemonic
warriorssind:vonViktorOrbánimZugedesungarischenWahlkampfs2002seinen
WählerInnen ‚geschenkt‘ bzw. vom damaligen Stadtpräsidenten Lech Kaczyński
als Prestigeprojekt in Vorbereitung auf die von den Kaczyński-Zwillingen ange-
führte erstePiS-Regierung inPolen 2005–2007. (Borodziej 2011, 145)DasMuseum
der Okkupation Lettlands wurde 1993 zunächst als privat – vor allem von Exil-
LettInnen– finanziertes gegründet,wird seit 2006 jedochvomStaatmitfinanziert
(MuseumofOccupationofLatvia,o. J.).Essteht imDauerkonfliktmitdervonrus-
sischsprachigenLettInnenangeführtenStadtregierungRigas,wasdenAusbaudes
MuseumsunddieRückkehr indie2012fürdieRenovierungverlassenenRäumlich-
keiten immerwieder verzögert. DasMuseumderOkkupationen in Tallinnwurde
2003vonderKistler-Ritso-Stiftungeiner exil-estnischenFamilie gegründet,wird
jedochauchvomestnischenKulturministeriumkontinuierlichunterstützt.Unter
denhieruntersuchtenMuseenist essicherdasamwenigstenanoffizielleVorga-
bengebundene.Aber auch indiesemFall gilt: „Designers of suchmuseumsare
40 3 Methodologie
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Title
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Subtitle
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Author
- Ljiljana Radonić
- Publisher
- DE GRUYTER
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918