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ligenpolitischenProgrammsanerkannt (Hudek2011, 841)und1968erschienen
auf den Tribünen bei den Feiern neben den kommunistischen PartisanInnen
erstmals seit 1948 auchnichtkommunistische TeilnehmerInnen, „Vertreter des
demokratischenWiderstands“ (Mannová 2011, 217) und ehemalige aufständi-
sche Soldaten. Porträts der beidenbefehlshabendenGeneräle, Rudolf Viest und
JánGolian,dienach 1948 tabuisiertwaren,wurdengezeigt. (Mannová2011, 227)
Dochalldiesändertesich imZugeder repressivenPolitikder ‚Normalisierung‘ in
den 1970ern. Fürdas 1969eröffneteMuseumwurde eineKommissioneingerich-
tet,die jedeÄnderungdernunmehr indiesemneuenGebäudeinBanskáBystrica
installiertendrittenständigenAusstellungstrengüberwachteundalleMitarbeite-
rInnenentließ,diebeschuldigtwurden,aktivam ‚PragerFrühling‘mitgewirktzu
haben. (Hudek2011,841)Anlässlichdes30. JahrestagesdesAufstandswurdedie
Ausstellung1974erneutverändert.
Inden zweihier analysierten slowakischen sozialistischenMuseumsführern
aus1977und198540wirdderAufstandnochstärkeralszuvoralsTeileinersozia-
listischenErfolgsgeschichteunterdemEinflussderGroßenOktoberrevolutioner-
zählt. (MúzeumSNP 1985, 90) Der Beginnundder Schluss sind–wie auch für
den Fall der Museumsguides aus Theresienstadt später gezeigt wird – stärker
ideologischaufgeladenalsderRestderPublikationen. InBezugaufdie tschechi-
scheExilregierungist imMuseumskatalogvon1977von„reaktionärenVersuchen
derbourgeoisenLondonerRegierung,denVolksbefreiungskampf inderSlowakei
ihrenpolitischenZielenunterzuordnen“ (MúzeumSNP1977,43)dieRede. ImMu-
seumsguide aus 1985 kommenweder der bürgerlicheWiderstand, noch frühere
politische Parteien im Zusammenhangmit demAufstand vor. (Múzeum SNP
1985) Während der Mittelteil explizit als „sachlich-dokumentarischer Teil“ (Mú-
zeumSNP1977,65)bezeichnetwird,gehtesamSchlussetwaum„dieVerbindung
zwischen denhistorischen Ereignissen der ruhmreichen Tage des Aufstands und
derGegenwart, diedieVölkerderČSSRdurchdasVerdienstderSowjetunionund
des gesamten sozialistischen Lagers im Frieden erleben können.“ (MúzeumSNP
1977, 66) Die fünfte Ausstellung anlässlich des 40. Jahrestages bettete den Auf-
standnochstärker indensozialistischenKontextein.
EineweitereNeuerungder 1960erundspäterer SteindesAnstoßeswardie
zwischen den beiden Museumshälften installierte Bronzestatue, eine Gruppe
liegender menschlicher Leiber, über denen Überlebende stehen. (Abb. 7) Sie
40 Vgl.Radonić2014a,492–493. IchdankederBibliothekarindesMuseumsdesSlowakischen
Nationalaufstands, diemirAusgabendermehrmals vorhandenenKataloge aus 1977und 1985
spontan geschenkt hat undmich jenen aus 1990 fotografieren ließ, sowie Barbora Tancerova
für dieUnterstützungbei derÜbersetzungder drei slowakischsprachigenKatalogeundElena
Mannováfür ihreExpertise.
54 4 DerZweiteWeltkrieg imMuseum
Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Title
- Der Zweite Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen
- Subtitle
- Geschichtspolitik zwischen der ‚Anrufung Europas‘ und dem Fokus auf ‚unser‘ Leid
- Author
- Ljiljana Radonić
- Publisher
- DE GRUYTER
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-072205-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 338
- Keywords
- Gedenkmuseen, postsozialistische Transformationsprozesse, Zweiter Weltkrieg, Europäisierung der Erinnerung, Universalisierung des Holocaust, Geschichtspolitik
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
- Geschichte Nach 1918