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EINLEITUNG16
werden. Nach dem Ende des Alten Reiches ist das Etiquette-Normale als
Versuch der (Neu-)Ordnung zu bewerten. Es definierte nicht nur die Rolle
des Herrschers, sondern auch der Mitglieder seiner Entourage sowie der
Hofbediensteten in einem durch symbolische Bedeutungen aufgeladenen
Beziehungssystem. Zudem fällt die Abfassung des Etiquette-Normales51 in
den Zeitraum kurz vor oder während des Wiener Kongresses, der – neben
seiner politischen Relevanz – auch ein Medium der Selbstdarstellung und
Herrschaftslegitimation für den österreichischen Hof war. Durch zahlreiche
Feste und militärische Spektakel inszenierte sich das neu begründete Kai-
sertum als großzügiger Gastgeber, der sich auf eine lange Herrschertradi-
tion, loyale Untertanen und ein schlagkräftiges Heer stützen konnte.52
Auch im Etiquette-Normale finden sich Strategien der Herrschaftslegi-
timation: In normativer Weise werden Ansprüche und Würden geltend ge-
macht, durch die Historie legitimiert und beschrieben, wie die sinnfällige
Darstellung und Durchführung zu geschehen habe. Der Hof und der Hof-
staat erscheinen als wohlgeordneter Mechanismus, um die Stellung und den
Rang des österreichischen Monarchen, des erst wenige Jahre alten Kaiser-
titels und damit auch des österreichischen Kaisertums zu zelebrieren und
über das Medium symbolischer Kommunikation zu legitimieren.
1.3 Das Etiquette-Normale des Oberzeremonienmeisters Gundaker
Heinrich Graf Wurmbrand: Datierung und Beschreibung
Die Arbeiten an dem im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien überliefer-
ten Etiquette-Normale53 wurden zwischen 1810 und Oktober 1813 durchge-
führt. Diese Datierung ergibt sich aus mehreren Faktoren: Wurmbrand trat
seinen Dienst als Oberzeremonienmeister im Jahr 1810 an. Einen Hinweis
für den terminus ante quem wiederum liefert ein dem Dokument beiliegen-
des eigenhändiges Schreiben Wurmbrands, das mit der Anrede „Eur Hoch
Wohlgeboren“ beginnt.54 Da Metternich im Jahr 1810 bereits die außenpo-
litischen Agenden der Habsburgermonarchie und damit die Staatskanzlei
leitete, ist dieser Brief wohl an ihn gerichtet. Die Anrede „Eur Hoch Wohl-
geboren“ ist ein Hinweis auf die Datierung, denn diese Titulierung war, wie
aus dem Adelsakt der Metternichs von 1679 hervorgeht, mit der Erhebung
51 Zur Datierung vgl. ebenfalls Abschnitt 1.3.
52 Vgl. dazu Vick, Congress of Vienna, S. 21–65. Schneider, Werner, Europa in Wien, S. 63–
80. Stauber, Wiener Kongress, S. 205–237. duchhardt, Wiener Kongress, S. 62–70.
53 ÖStA, HHStA, St.K., Interiora, Ceremoniale und Courtoisie, Kart. 8, fol. 323, 326r–444v.
54 Ebd., fol. 324r–325r, Schreiben Wurmbrands an Metternich, o. D., hier fol. 324r.
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Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194