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36 N. Vonneilich
Stress abmildern, ohne dass tatsächlich Unterstützung in Anspruch genommen
wurde (Cobb 1976; House et al. 1988; Turner und Marino 1994; Uchino 2009).
Zudem wurden zwischen tatsächlich erhaltener und subjektiv wahrgenommener
Unterstützung nur geringe Zusammenhänge gefunden, was darauf hindeutet,
dass diese als jeweils relativ eigenständige Konstrukte angesehen werden kön-
nen (Barrera 1986; Lakey und Cohen 2000). Dieser funktionale Aspekt sozialer
Beziehungen umfasst in der Regel Unterstützungsformen auf emotionaler, instru-
menteller sowie informationeller Ebene.
Emotionale Unterstützung bezieht sich auf diejenigen sozialen Kontakte, die
für Gespräche über eigene Gefühle zur Verfügung stehen, die zur Diskussion all-
täglicher Ängste und Sorgen beitragen oder auch Bestätigung für Sympathie und
Zuneigung bieten können (siehe Tab. 1, dazu auch Lin et al. 1999). Instrumentelle
Unterstützung dagegen umfasst diejenigen Unterstützungsformen, die sich durch
praktische Hilfe – beispielsweise im Haushalt, mit der Kinderbetreuung oder
durch das Leihen von Geld oder anderen Waren – auszeichnen. Unter informa-
tioneller Unterstützung werden all jene Leistungen erfasst, die Wissen zum Lösen
bestimmter Probleme, oder Wissen über den Zugang zu bestimmten Ressourcen
wie beispielsweise innerhalb von Gemeinden, verfügbar machen. In Tab. 1 fin-
det sich eine kurze Darstellung unterschiedlicher Aspekte sozialer Unterstützung,
basierend auf Wills und Shinar (2000).
Ein wichtiges Grundprinzip, auf dessen Basis es zu unterschiedlichen For-
men sozialer Unterstützung kommen kann, ist die soziale Reziprozität (Sieg-
rist und Wahrendorf 2016). Dieses besagt, dass Menschen für eine bestimmte
erbrachte Leistung auch eine entsprechende Gegenleistung erwarten (Prinzip der
Gegenseitigkeit). Diese Erwartung macht viele Formen der sozialen Interaktion
überhaupt erst möglich. Eine Gegenleistung muss nicht dieselbe Form wie die
erhaltene Leistung haben, sollte aber als adäquat und ähnlich empfunden wer-
den. Leistet man beispielsweise Bekannten Hilfe bei einem Umzug (instrumen-
telle Unterstützung), so kann erwartet werden, bei Bedarf eine ähnliche Leistung
zu erhalten. Werden diese Erwartungen nicht erfüllt, wird die Reziprozitätsnorm
verletzt und dauerhafter sozialer Austausch weniger wahrscheinlich. Je nach-
dem, in welcher Beziehung man sich mit anderen Personen befindet, kann sich
die Reziprozitätsnorm verändern. Zum Beispiel ist man innerhalb der Familie, für
enge Freunde oder Verwandte eher bereit, eine Leistung zu erbringen, ohne eine
zeitlich (un-)mittelbare entsprechende Gegenleistung zu erwarten. Die generali-
sierte Reziprozität meint, dass nicht einzelne erbrachte Leistungen jeweils ent-
sprechend erwidert werden. Vielmehr kann ein generelles reziprokes Verhalten
zu einem deutlich späteren Zeitpunkt erwartet werden. Klassisches Beispiel hier-
für wäre die Eltern-Kind Beziehung, in der Eltern Unterstützung für ihre Kinder
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369